Analphabeten in Deutschland - Ein Leben in der Vermeidung

Trotz Schulabschluss und Berufsausbildung gibt es in Deutschland zahlreiche Analphabeten

Von Jutta Baur
21. Mai 2011

Man mag es kaum glauben, doch die Statistik bestätigt, dass es in Deutschland rund 7,5 Millionen Analphabeten gibt. Die Universität Hamburg hat in der sogenannten Leo-Studie erstmals aussagekräftige Ergebnisse zur Zahl der Analphabeten in Deutschland ermittelt.

Demnach können 14 Prozent der Deutschen nur teilweise lesen und schreiben. Sie werden als funktionelle Analphabeten bezeichnet. Das heißt, sie können zwar Wörter und Sätze lesen und schreiben, bei zusammenhängenden Texten klappt das allerdings nicht mehr.

Von diesen Betroffenen haben 4,4 Millionen Deutsch als Muttersprache. Analphabeten im eigentlichen Sinn sind vier Prozent. Ihre Möglichkeiten zu lesen und zu schreiben sind soweit eingeschränkt, dass sie zwar einzelne Wörter entziffern können, ganze Sätze jedoch nicht. Völlig unfähig einzelne Wörter zu buchstabieren, ist ein Prozent der Bevölkerung.

Ausbildung und Schulabschluss trotz Analphabetismus

Wer nicht richtig lesen oder schreiben kann bewegt sich in einer Grauzone. Für viele, nicht betroffene Menschen, ist die Problematik kaum nachzuvollziehen, haben wir doch in diesem Land eine Schulpflicht. Woher der Analphabetismus kommt, ist nicht ganz klar. Der soziale Bereich hat sicherlich eine Bedeutung. Auch längere Fehlzeiten durch Krankheiten kommen als Ursachen in Betracht. Fakt ist, dass in Familien, in denen Lesen zum Alltag gehört, ein Analphabetismus so gut wie nie auftritt.

Erstaunlich sind die Zahlen zur schulischen und beruflichen Bildung von Analphabeten. Nur 19,3 Prozent haben keinen Schulabschluss. 12,3 Prozent können einen höheren Schulabschluss nachweisen. Knapp der Hälfte gelang zumindest ein unterer Abschluss der Schule. Weit mehr als 50 Prozent der Betroffenen sind beruflich tätig und 6,5 Prozent derzeit in Ausbildung.

Lese-Rechtschreibschwächen im Sinne einer Legasthenie dürfen keinesfalls mit Analphabetismus verwechselt werden. Für Menschen, die lesen lernen wollen, gibt es an Volkshochschulen einschlägige Kurse. Über das "Alfa-Telefon" kann man sich auch anonym zu Alphabetisierungskursen anmelden. Dort gibt es auch finanzielle Unterstützung, wenn der Lernwillige solche Trainings nicht alleine finanzieren kann.