Forscher arbeiten an einem Frühtest auf die Lese-Rechtschreibstörung

LRS-Frühtest - anhand der Hirnströme und Genaktivität Risiko für Lese-Rechtschreibstörung frühzeitig erkennen

Von Cornelia Scherpe
5. September 2017

Die Lese-Rechtschreibstörung, kurz LRS, hat nichts mit einem zu geringen Intellekt der betroffenen Kinder zu tun. Im Gegenteil: Die meisten sind normal bis überdurchschnittlich begabt, sie können aber geschriebene Wörter nicht richtig erkennen.

Der Grund ist ein Fehler im Gehirn. Die Schriftzeichen sehen für sie gedehnt, gezehrt oder schlicht unerkennbar aus. Das Erlernen des Lesens ist daher extrem frustrierend und behindert automatisch auch das Erlernen des Schreibens. Wer die wiederkehrenden Muster nicht sieht, kann sie auch nicht nachschreiben.

Forscher des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften haben gemeinsam mit Kollegen am Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie in Leipzig ein Projekt gestartet, das einen LRS-Frühtest ermöglichen soll. Erste Grundlagen wurden in fünfjähriger Arbeit bereits gelegt.

EEG und Genanalyse geben Einblick in die Arbeitsweise des Gehirns

Zunächst ist es für einen Frühtest wichtig, einen Blick in die Arbeitsweise des Gehirns zu bekommen. Mittels EEG, der Elektroenzephalografie, ist das möglich. Bereits Kinder im Vorschulalter können den Test absolvieren, indem ihre Hirnströme gemessen werden, während sie Töne vorgespielt bekommen.

Diese bestehen aus einer langen Reihe gleicher Töne, werden aber ab und an durch eine leichte Unregelmäßigkeit unterbrochen. Erkennt das Gehirn diese Veränderung, ist es unwahrscheinlich, dass sich die LRS entwickeln wird. Reagiert es hingegen nicht, ist die Verarbeitung von Mustern offenbar gestört und eine LRS wird wahrscheinlicher.

Dieser Test allein besitzt aber nur eine beschränkte Prognosekraft. Daher soll ein Frühtest zusätzlich auf die Genaktivität schauen. Man weiß bereits, dass mindestens 50 Prozent der Krankheitswahrscheinlichkeit auf die Gene zurückzuführen ist.

Eine verantwortliche Mutation steckt im Gen KIAA0319. Inzwischen haben die Forscher aber noch 24 weitere Gene identifiziert. Beobachtungen haben ergeben, dass das LRS-Risiko umso größer wird, je mehr dieser Risikogene zusammenkommen.

Sollte ein Frühtest für die breite Maße zugelassen werden, würden laut einer Umfrage über 80 Prozent der Eltern ihr Kind testen lassen. Mehr als 50 Prozent gaben sogar an, dass sie selbst ohne Zuzahlung der Krankenkasse dazu bereit wären.