Gesichtsausdruck des Arztes beeinflusst Schmerzwahrnehmung der Patienten

Der Therapieerfolg kann von der Mimik des behandelnden Arztes abhängen

Von Cornelia Scherpe
6. Dezember 2019

Durch das aktuelle Gesundheitssystem haben die meisten Ärzte nur wenige Minuten Behandlungszeit pro Patienten. Das mindert nicht nur den Tiefgang der Diagnosen, sondern kühlt auch das Verhältnis zwischen Arzt und Patient ab. Es bleibt schlicht kaum Zeit für ein freundliches Wort und ein aufbauendes Lächeln. Doch eine aktuelle Studie zeigt, wie wichtig der zwischenmenschliche Aspekt bei einer Therapie ist. Demnach entscheidet der Gesichtsausdruck des Arztes mit darüber, wie erfolgreich die weitere Behandlung verläuft.

Mediziner in den USA führten mit 194 Männern und Frauen ein Experiment durch. Die Freiwilligen schlüpften entweder in die Rolle des Arztes oder des Patienten und spielten dabei zwei Szenarien durch. Die Arzt-Gruppe setzte sich leichten Schmerzen aus, indem Elektroden auf 47 Grad erwärmt und auf ihre Haut gedrückt wurden. Um die Beschwerden zu lindern, gaben die echten Mediziner ihnen eine Salbe mit dem Namen "Thermedol". Sie sagten den Teilnehmern in der Arztrolle, dies sei eine Schmerzsalbe. Es handelte sich allerdings um ein Placebo. Die Forscher stellten lediglich die Elektroden kühler, sodass die Haut sich besser fühlte.

Nach diesem Versuchsaufbau wurde die Arzt-Gruppe nun mit der Patienten-Gruppe zusammengeführt. In der ersten Runde wurden die Patienten nach dem leichten Schmerzreiz von den gespielten Ärzten mit Thermedol behandelt. In der zweiten Runde trug die Arzt-Gruppe eine Salbe auf, von der sie wussten, es ist ein Placebo. Obwohl beide Salben keine Wirkstoffe enthielten, gab die Patienten-Gruppe nach der Anwendung von Thermedol an, dass die Schmerzen besser werden. Sie bewerteten zudem ihren jeweiligen "Arzt" als einfühlsamer in der Thermedol-Runde als in der zweiten Runde.

Die Forscher konnten über Videoaufnahmen feststellen, dass die Mimik der gespielten Ärzte anders war, wenn diese selbst an die Wirkung der aufgetragenen Salbe glaubten. Sie wirkten hingegen ernster, verschlossener und zweifelnder, wenn sie die Kontrollcreme auftragen sollten. Sie schickten also nonverbale Zeichen an das Gegenüber, dass sie selbst von der Wirkung ihrer Therapie nicht überzeugt sind. Dies beeinflusst die "Patienten" offenbar stark.