Kinder allein zu Hause lassen - ab wann und wie lange?

Ab wann ein Kind alleine bleiben kann, hängt weniger von seinem biologischen Alter als von seiner Persönlichkeit ab

Von Dörte Rösler
26. Mai 2015

Einen Fünfjährigen abends allein zu Hause lassen - für die meisten Eltern wäre das undenkbar. Tatsächlich verstößt eine so lange Abwesenheit gegen die elterliche Aufsichtspflicht. Aber ab wann darf man Kinder alleine lassen? Und wie bereitet man den Nachwuchs am besten auf die Eigenverantwortung vor?

Eben mal in den Keller gehen, ein Paket zur Post bringen oder einen Kinofilm schauen - irgendwann ist jedes Kind soweit, dass die Eltern unabhängig etwas unternehmen können. Damit das Kind keine Angst bekommt oder Schäden anrichtet, sind aber ein paar Vorkehrungen wichtig.

Wann ist der richtige Zeitpunkt?

Einen festen Zeitplan gibt es nicht. Vor dem Kindergartenalter sollte der Nachwuchs aber grundsätzlich nicht allein in der Wohnung sein.

Kleinkinder sind für ihr Sicherheitsgefühl auf eine Bezugsperson angewiesen, auch kurzzeitiges Alleinsein kann Ängste auslösen. Oft haben die Kinder dann auch später Probleme mit Trennungen.

Während der Kindergartenzeit können Eltern ihren Nachwuchs allmählich an das Alleinsein gewöhnen. Länger als 10 bis 15 Minuten sollten die Phasen allerdings nicht dauern - und die Eltern sollten in der Nähe bleiben. Denn Kinder in diesem Alter können auf unvorhergesehene Ereignisse noch nicht vernünftig oder strukturiert reagieren.

Ab sechs Jahren sind die meisten Kinder dann reif genug, um eine halbe Stunde ohne Eltern zu verbringen. Entscheidend ist aber nicht das Geburtsdatum des Kindes, sondern seine Persönlichkeit.

  • Ist es besonnen oder abenteuerlustig?
  • Beschäftigt es sich gern allein oder braucht es immer Unterhaltung, um sich wohl zu fühlen?
  • Kann es schon mit dem Telefon umgehen?

Auch wenn die Schulkameraden sich schon stundenweise allein beschäftigen, ist das kein Maßstab für das eigene Kind.

Alleinsein üben

In manchen Situationen kann auch ein reifes Kind plötzlich Angst bekommen. Ob Eltern ihrem Kind das Alleinsein zutrauen können, hängt also auch von der Tagesform des Kindes ab. Je mehr das Kind im Alleinsein geübt ist, desto besser kommt es aber zurecht.

Eltern sollen deshalb ihre Abwesenheit schrittweise steigern. Darüber hinaus helfen einige Regeln, den Abschied zu erleichtern.

Für Sicherheit sorgen

Kinder müssen sich nicht nur sicher fühlen, Eltern sollten für das Alleinsein auch sichere Rahmenbedingungen schaffen. So sollten Herd und Waschmaschine abgeschaltet sein, Streichhölzer, Feuerzeuge und scharfe Messer gehören in verschlossene Schränke. Für Notfälle sollte in der Wohnung ein gut sichtbarer Zettel mit der Telefonnummer der Eltern oder anderer Bezugspersonen hängen.

Auch mutige Kinder wissen nicht, wie es sich anfühlt, wenn sie wirklich längere Zeit auf sich gestellt sind. Am besten informieren Sie deshalb auch einen Nachbarn, bei dem das Kind bei plötzlicher Angst klingeln kann.

Zwei wichtige Grundregeln:

  • das Kind niemals gegen seinen Wunsch allein lassen und
  • unbedingt die angekündigte Rückkehrzeit einhalten.

Zu viel Aufsicht schadet

Wenn die Eltern ihr Kind gut beobachten, können sie situationsgemäße Absprachen treffen und Eigenverantwortung schrittweise steigern. Im Idealfall reagiert das Kind auf längeres Alleinsein dann mit Stolz: Meine Eltern trauen mir das schon zu!

Eine Zeit lang allein zurechtzukommen, fördert das Gefühl von Selbstwirksamkeit. Übervorsichtige Eltern nehmen ihrem Kind die Chance auf diese wertvolle Erfahrung.