Psychose bei Kindern: Risiko steigt durch Wechsel des Wohnortes

Umzüge in der Kindheit können auch viele Jahre später noch an der Psyche kratzen

Von Cornelia Scherpe
14. September 2018

Der Umzug in eine neue Stadt, das Verlieren der Freunde und das Eingewöhnen an einer neuen Kita oder Schule: Faktoren, die es einem heranwachsenden Kind schwer machen. Kommt es in einer schwierigen Lebensphase oder allgemein häufiger zu einem Wohnungswechsel und besitzt ein Kind eine gewisse Veranlagung zur Psychose, so kann der Umzug das Ausbrechen einer psychischen Krankheit wahrscheinlicher machen. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie zum Thema Persönlichkeitsbildung.

Die Studie

Am University College London wurden 1,4 Millionen Daten von Kindern untersucht, die zwischen 1982 und 1995 16 Jahre alt waren. Man wählte Schweden für die Studie, da dort aufgrund einer Personalnummer von Geburt an verfolgt werden kann, wie sich der Werdegang eines Menschen entwickelt. Die Forscher konnten daher auch nachvollziehen, wer zu welcher Zeit umgezogen war und wer psychologische Hilfe benötigt hatte. Insgesamt traten 4.537 Fälle einer Psychose auf, die sich die Forscher nun genauer ansahen.

Die Ergebnisse

Sofort fiel ihnen ins Auge, dass innerhalb dieser Gruppe viele waren, die in ihrer Kindheit mindestens einmal umziehen mussten und damit ihr gewohntes Sozialleben aufgaben, um am neuen Wohnort quasi von null anzufangen. Doch die Psychosen traten keineswegs sofort oder auch nur zeitnah auf. Im Schnitt waren die Betroffenen bereits 21 Jahre als sie in Behandlung mussten. Der Umzug beziehungsweise die Umzüge lagen da teils Jahre zurück.

Am schwierigsten war ein Umzug offenbar für Mädchen und Jungen in der Pubertät. Bei den 16- bis 19-Jährigen konnte bereits ein einziger Umzug genügen, damit das Psychoserisiko um 45 Prozent stieg. Mussten die Teenager vier Mal oder noch öfter den Wohnort wechseln, war die Gefahr bereits um das Vierfache gesteigert. Die Gefahren relativierten sich zwar etwas, wenn man andere Faktoren wie schulische Leistungen einbezog, doch sie blieben selbst dann um 28 Prozent beziehungsweise 99 Prozent erhöht.

Auch jüngere Kinder zwischen fünf und 15 Jahren litten unter einem Umzug und ihr Psychoserisiko stieg um 22 Prozent. Bei vier und mehr Umzügen kletterte die Gefahr in dieser Gruppe um 95 Prozent.

Für die Jüngsten im Vorschulalter ermittelte die Studie eine Risikosteigerung von 13 Prozent (ein Umzug) und 83 Prozent (vier und mehr Umzüge).