Streit über Kinderimpfungen: im Zweifelsfall entscheidet die STIKO

Bei Unstimmigkeit der Eltern bezüglich der Kinderimpfungen gelten die Empfehlungen des medizinischen Standards

Von Cornelia Scherpe
13. Juni 2017

Vor dem Familiengericht in Karlsruhe wurde jüngst ein Fall zum Thema Kinderimpfungen verhandelt. Die Eltern lebten zwar getrennt, dennoch waren beide für das gemeinsame Kind sorgeberechtigt.

Das minderjährige Mädchen lebte vor allem bei der Mutter, was ihr laut Gesetz das Recht gibt, in allgemeinen Angelegenheiten zu entscheiden. Gemeint sind damit Alltagsentscheidungen.

Die Mutter ist eine Gegnerin von Kinderimpfungen und sieht die Gefahr durch Nebenwirkungen als zu groß. Der Vater des Kindes dagegen wollte unbedingt, dass seine Tochter die wichtigsten Schutzimpfungen bekommt. Die Eltern zogen mit diesem Streit vors Gericht.

Entscheidung zugunsten des Kindeswohls

Der Richter sprach sich zugunsten des Impfens aus und verwies dabei auf die STIKO, die Ständige Impfkommission. Sie legt fest, welche Impfungen in welchem Alter für Jungen und Mädchen wichtig sind. Können sich Eltern nicht im persönlichen Rahmen über das Impfprogramm des gemeinsamen Kindes einigen, gelten die Empfehlungen des medizinischen Standards. Im konkreten Fall wurde daher vom Amts- und Oberlandesgericht das Sorgerecht im Bezug auf Impfungen allein auf den Vater übertragen.

Das Gericht betont, dass das Sorgerecht in den Angelegenheiten des täglichen Lebens weiterhin bei dem Elternteil verbleibt, bei dem das Kind wohnt. Es handle sich bei Impfungen aber nicht um Alltagsentscheidungen, sondern um eine Frage von weitreichender, gesundheitlicher Bedeutung für das Kind. Daher ist im Streitfall in diesem Punkt das Kindeswohl als höher zu bewerten und das Sorgerecht im Einzelnen auf den anderen Partner übertragbar.

Gut zu wissen: Im sprichwörtlichen Praxisalltag müssen Ärzte auch nicht die Einverständnis beider Eltern einholen, wenn geimpft werden soll. Der Arzt darf immer davon ausgehen, dass beide Eltern mit der Empfehlung einverstanden waren, selbst wenn zum Termin nur ein Elternteil mit dem Kind in der Praxis erscheint.