1,6 Millionen Deutsche sind von Beruhigungsmitteln abhängig geworden

Forscher raten zu mehr Vorsicht und Verantwortungsgefühl beim Verschreiben von Beruhigungsmitteln

Von Cornelia Scherpe
30. Januar 2015

Sobald jemand illegale Drogen konsumiert, wird im kleinen Kreis und in den Medien leidenschaftlich diskutiert. Viel stiller wird es dagegen bei einer "legalen" Sucht, die doch genauso gefährlich ist: der regelmäßige Konsum von Beruhigungsmitteln.

Alarmierende Zahlen

Doch nur weil diese vom Arzt verschrieben werden, ist das Risiko für eine Abhängigkeit nicht verschwunden. Eine aktuelle Studie kommt zu dem alarmierenden Schluss, dass zwei Prozent aller Deutschen von ihren Beruhigungsmitteln abhängig sind. Zwei Prozent klingt im ersten Moment wenig, entspricht aber 1,6 Millionen Menschen.

Das Ergebnis stammt aus einer Studie über die Wirkstoffgruppe der "Benzodiazepine". Diese Wirkstoffe dienen zur Beruhigung und werden daher bei Schlafstörungen, aber auch gegen übermäßigen Stress und innere Unruhe verschrieben.

Abhängigkeit auf Rezept

Die aktuelle Erhebung zeigt, dass Ärzte das Verschreiben dabei offenbar sehr locker sehen. Insgesamt werden in Deutschland 230 Millionen Tagesdosen verschrieben und das jedes Jahr. So bekommen vier bis fünf Prozent aller Deutschen jedes Jahr mindestens ein Rezept.

Davon erhalten 14 Prozent der Patienten tatsächlich 90 oder mehr Tagesdosen von ihrem Arzt. Das entspricht einem Anwendungsraum von zwölf Wochen. Tatsächlich sieht die medizinische Empfehlung aber vor, die Medikamente nie länger als 14 Tage bis maximal einen Monat einzunehmen. Hier wird einer Abhängigkeit also Tür und Tor geöffnet.

Mehr Vorsicht beim Verschreiben

Die Studie zeigt auch, wie häufig die Anwender zum Missbrauch der Medikamente tendieren. Bei 2,8 Prozent der Patienten ist die Abhängigkeit unbestreitbar, bei 17,5 Prozent das Anwendungsverhalten zumindest problematisch.

Die Forscher raten zu mehr Vorsicht beim Verschreiben und mehr Verantwortungsgefühl. Die Abhängigkeit von Beruhigungsmitteln darf keineswegs auf die leichte Schulter genommen werden, denn eine Therapie ist langwierig und anstrengend. Oft hilft Betroffenen nur der Aufenthalt in einer Entzugsklinik.