Ärztliche Schweigepflicht - bei Hinweis auf geplante Straftaten gibt es Ausnahmen

Pflichten und Möglichkeiten des Arztes im Rahmen der Schweigepflicht

Von Dörte Rösler
31. März 2015

Hätte der Flugzeugabsturz in Südfrankreich verhindert werden können, wenn die Ärzte des Co-Piloten ihre Schweigepflicht gebrochen hätten? Die Hinweise auf eine psychische Erkrankung des Täters lassen dies zumindest vermuten, und sie regen eine öffentliche Definition an. Welche Grundlage hat die ärztliche Schweigepflicht - und wo liegen ihre Grenzen?

Pflicht zum Schweigen

Ärzte müssen nicht nur hohe fachliche Standards erfüllen, für sie gelten auch besondere ethische Prinzipien. Der Patient muss darauf vertrauen können, dass sein Arzt private Details nicht herumerzählt. Nach Paragraf 203 StGB droht bei Verstößen gegen die ärztliche Schweigepflicht deshalb eine Haftstrafe bis zu einem Jahr.

Pflicht zur Meldung

Zugleich ist der Arzt zum Schutz des menschlichen Lebens verpflichtet. Dieses Rechtsgut wiegt höher als die Schweigepflicht. Wenn er Hinweise auf eine Suizidgefahr oder geplante schwere Straftaten erhält, muss er diese melden.

Zu den meldepflichtigen "Katalogtaten" zählen laut Paragraf 138 StGB neben Mord und Totschlag etwa auch Angriffe gegen den Luftverkehr. Wenn der Arzt diese Informationen nicht weitergibt, macht er sich ebenfalls strafbar.

Probleme bei der Güterabwägung

In der Praxis führen diese widerstreitenden Interessen zu zahlreichen Problemen. So ist es für den Arzt oftmals nicht möglich, festzustellen, wie realistisch die Gefährdung durch seinen Patienten ist.

Verschweigt er einen Mordplan, den sein Patient dann tatsächlich umsetzt, trägt er eine Mitschuld am Verbrechen. Informiert er die Behörden dagegen ohne "gegenwärtige Gefahr", muss er Regressforderungen fürchten.

Eine allgemeine Möglichkeit, dass der Co-Pilot ein Flugzeug gegen eine Felswand steuern könnte, reicht für die Meldung an die Polizei nicht aus. Woher soll der Arzt aber wissen, was sein Patient wirklich tun wird - zumal, wenn dieser sich nicht offenbart?

Absprache mit der Ärztekammer möglich

Wenn die Abwägung zwischen Schweigepflicht und einer konkreten Gefahr für Dritte schwierig ist, hat der Arzt aber noch eine weitere Möglichkeit: Er kann die Ärztekammer um Beratung bitten. Dadurch erhält er unabhängige Bewertung von Fachleuten und sichert sich selbst gegen strafrechtliche Konsequenzen ab.