Attraktivität wird weder von Aussehen noch Geld bestimmt: Auf das soziale Verstehen kommt es an

Wir umgeben uns gern mit Mitmenschen, deren Gefühle und Handlungen wir schnell erkennen und nachvollziehen können

Von Cornelia Scherpe
12. April 2016

Viele Menschen sind der Meinung, dass Attraktivität vor allen Dingen mit der körperlichen Erscheinung zu tun hat. Viele haben einen Idealtypen, etwa eine bevorzugte Gesichtsform, Augen- und Haarfarbe etc. Für manche spielt auch das finanzielle Polster des Gegenüber in die empfundene Attraktivität hinein.

Zumindest die Idealisten unter uns sagen, dass es allein auf den Charakter ankommt, doch mit dieser Meinung sind sie nicht in der Mehrheit. Eine aktuelle Studie aus Deutschland gibt allerdings der letzten Gruppe recht. Demnach fühlen Menschen sich dann zu einem Mitmenschen hingezogen, wenn man diesen auf einer sozialen Ebene gut verstehen kann.

Annäherungsverhalten und Emotionen

In der Studie zeigte man 92 Männern und Frauen die Fotos von sechs Studentinnen. Die Teilnehmer sollten am PC das Gesicht so weit vergrößern, dass sich für sie eine angenehme Gesprächsdistanz ergibt. Daraus leiteten die Forscher die Attraktivität ab.

Danach zeigte man allen Probanden die sechs Damen in kurzen Videos. In den Aufnahmen waren die Frauen entweder traurig oder fürchteten sich. Alle sollten die gesehene Emotion benennen und sagen, wie sicher sie sich mit ihrer Einschätzung sind. Im Anschluss daran bat man die Teilnehmer erneut, dass Gesicht bis zur besten Gesprächsdistanz zu zoomen.

Attraktivität im sozialen Kontext

Das Ergebnis war sowohl bei Männern als auch Frauen gleich: Das Annäherungsverhalten änderte sich nach den Videos. Die Studentinnen waren im zweiten Durchlauf für die Probanden umso attraktiver, je besser sie die emotionale Reaktion im Video hatten einschätzen können. Ein weiterer Test mittels fMRT (Magnetresonanztomografie) zeigte eine verstärkte Hirnaktivität in den zwei Regionen

  1. Nucleus accumbens sowie
  2. medialer orbitofrontaler Kortex,

wenn ein Teilnehmer die Emotion gut einschätzen konnte. Für die Verhaltensbiologie ist dieses Ergebnis durchaus nachvollziehbar. Für den Menschen war es immer überlebenswichtig, dass er in Gruppen Gleichgesinnter ist und die Gefühle und Handlungen der Gruppenmitglieder schnell erkennen und nachvollziehen kann. Das Gehirn hat demnach einen Mechanismus entwickelt, der diejenigen attraktiv macht, die man selbst gut nachvollziehen kann.