Autismusrisiko beim zweiten Kind: Geschlecht der älteren Geschwister spielt eine Rolle

Männliche Zweitgeborene haben ein vierfach erhöhtes Autismusrisiko bei betroffener älterer Schwester

Von Cornelia Scherpe
11. Oktober 2017

Noch immer wird Autismus in seinen verschiedenen Ausprägungen untersucht und lässt viele Fragen offen. Leidet ein Kind an der Autismus-Spektrum-Störung (kurz ASD), sind Eltern daher oft verunsichert. Sie stellen sich vor allem die Frage, ob ein zweites Kind ein erhöhtes Risiko hat, ebenfalls zu erkranken.

Die vereinfachte Antwort: Ja, leider besteht eine erhöhte Gefahr, denn Autismus ist bis zu einem gewissen Grad genetisch bedingt. Studien zu dieser Frage kamen jedoch zu recht unterschiedlichen Werten, weshalb das Risiko je nach Betrachtungsweise zwischen 6,1 und 24,7 Prozent schwankt.

Einig sind die meisten Untersuchungen sich allerdings in einer Sache: männliche Kinder haben das vierfache Risiko zu tragen. Mädchen erkranken aus bislang unbekannten Gründen deutlich seltener an Autismus.

Genetische Zusammenhänge noch unklar

Eine aktuelle US-Studie zum Risiko der Zweitgeborenen überrascht nun mit einer neuen Erkenntnis: Demnach spielt es für die Erkrankungsgefahr nicht nur eine Rolle, ob bereits ein Kind mit Autismus in der Familie ist, sondern auch, welches Geschlecht dieses hat. Die Studie betrachtete hierfür 1,5 Millionen Haushalte mit je zwei Kindern. In 39.000 Fällen lag beim Erstgeborenen Autismus vor.

Handelte es sich dabei um die große Schwester, hatte ein männliches Neugeborenes ein Autismusrisiko von 17 Prozent zu tragen. Bei einem zweiten Mädchen lag das Risiko dagegen nur bei 7,6 Prozent. War ein großer Bruder betroffen, sank das Risiko für einen zweiten Jungen auf 13 Prozent und für eine kleine Schwester auf vier Prozent.

Warum genau das Geschlecht des erstgeborenen Kindes so wichtig ist, kann die Studie allein durch Beobachtungen nicht sagen. Die Ergebnisse passen aber zu einer anderen Untersuchung in Stockholm, die sich mit der Rolle der Gene beschäftigte. Sie belegt, dass 83 Prozent des Risikos allein auf die Gene und nur 17 Prozent auf Umweltfaktoren entfällt.