Babys weinen in ihrer Muttersprache

Säuglinge machen sich unbewusst bereits vor dem aktiven Spracherwerb mit ihrer Muttersprache vertraut

Von Cornelia Scherpe
25. August 2016

Nach der Geburt dauert es seine Zeit, bis ein Kind die ersten Wörter seiner Muttersprache beherrscht. Forscher sind sich allerdings schon länger sicher, dass der Lernprozess im Gehirn deutlich früher beginnt. Die kleinen Ohren nehmen die Laute der Eltern auf und verarbeiten sie.

Deutsche Wissenschaftler konnten nun in einer Studie belegen, dass diese Vermutung stimmt. Noch lange vor dem ersten, eigenen Wort äußern sich die Kinder in ihrer Muttersprache: beim Weinen.

Monoton oder melodisch

In Würzburg wurden 42 Neugeborene betreut, von denen 21 aus Deutschland stammten und die andere Hälfte aus dem Nordwesten Kameruns. Man fertigte Tonaufnahmen der Kinder an, wenn sie weinten, um die Eltern auf ihre Bedürfnisse aufmerksam zu machen. Das Weinen wurde also nicht künstlich provoziert, sondern entstand immer natürlich. Der Vergleich der Tonaufnahmen zeigte, dass sich das Weinen in beiden Gruppen unterschied.

Man setzte eine zweite Studie an, diesmal mit 55 Babys aus China als Vergleichsgruppe und fand ebenfalls einen deutlichen Unterschied. Sowohl der Rhythmus des Weines ist anders als auch die "Melodie".

  • Insgesamt zeigten chinesische Babys eine Art Singen.
  • Auch Kinder aus Kamerun neigen zu einem deutlich größerem Abstand zwischen dem jeweils tiefsten und höchsten Laut beim Weinen. Die Schwankung ist sehr kurzfristig und klingt daher gesungen.
  • Deutsche Babys weinen in monotonerer Stimmlage.

Aneignung der elterlichen Sprechmelodie

Für die Forscher steht damit fest, dass Babys sich bereits vor dem aktiven Spracherwerb mit ihrer Muttersprache vertraut machen. Natürlich geschieht das unbewusst. Es handelt sich um ein Nachahmen der gehörten Sprechmelodie.

Da beispielsweise in China die exakte Tonhöhe eines Wortes sehr wichtig für die Bedeutung ist, eignen sich die Kinder ein besonderes Weinen an. Die Aussprache einer Silbe ist im Deutschen weniger komplex und das Weinen daher selten wie ein Singen.