Bewegungsmuster der Spermien: Samenzellen schwimmen wie Otter

3-D-Mikroskopie widerlegt uralte Fortbewegungstheorie

Von Cornelia Scherpe
20. Januar 2021

Um einen unerfüllten Kinderwunsch bei Paaren zu behandeln, ist es für die Reproduktions­medizin wichtig, alle Vorgänge der Befruchtung im Detail zu verstehen. Ein neues Puzzlestück haben nun britische Forscher ergänzt. Sie sahen sich die Bewegungsmuster der Samenzellen unter dem 3-D-Mikroskop an und erkannten dabei eine bislang unbekannte Eigenschaft der männlichen Fortpflanzungszellen.

Lange ging man in der Forschung davon aus, dass Spermien sich wie winzige Aale bewegen. Während ihr Kopfstück gerade nach vorne strebt, schlägt der Schwanz nach rechts und links aus, um die Bewegung zu ermöglichen. Diese Theorie geht über 300 Jahre zurück, als der Wissenschaftler van Leeuwen­hoek in den Niederlanden zum ersten Mal Samenzellen unter dem Mikroskop betrachtete. Im 2-D-Mikroskop sieht die Schwimmbewegung tatsächlich wie bei Aalen aus, was jedoch der Draufsicht und der Langsamkeit des menschlichen Auges geschuldet ist.

Schwimmmuster eines Otters

Mit dem modernen 3-D-Mikroskop konnten die britischen Forscher 55.000 Bilder pro Sekunde anfertigen und so das Bewegungsmuster der Spermien wie in Zeitlupe und von allen Seiten betrachten. Es wurde deutlich, dass der Schwanz der Zellen stets in eine Richtung ausschlägt. Um deswegen nicht nur im Kreis zu schwimmen, dreht der Kopfteil einer Samenzelle sich um die eigene Achse. Dieses Schwimmmuster kann man in der Natur bei Ottern beobachten, wenn diese spielerisch durch das Wasser gleiten.

Spermien nutzen also eine Schwimmtechnik, die im mikroskopischen Maßstab der eines Otters entspricht. Dieses Wissen könnte der Fruchtbarkeits- und Reproduktions­for­schung helfen. Noch nutzen Samenanalysen die klassische 2-D-Technik, um die Fortbewegung der Zellen eines Patienten zu untersuchen. Die Ergebnisse könnten mit dem neuen Wissen und besserer Technik nun deutlich exakter werden.