Die Gebärmutter ist doch nicht keimfrei: Bakterien beeinflussen die Empfängnis

Keimzusammensetzung gibt Aufschluss darüber, wie hoch die Erfolgschancen bei einer künstlichen Befruchtung sind

Von Cornelia Scherpe
14. Dezember 2016

Bislang ging man in der Medizin davon aus, dass die Gebärmutter ein keimfreier Ort ist. Die Ungeborenen sind während der Schwangerschaft von allen Bakterien, Viren und Pilzen abgetrennt. Erst beim Geburtsvorgang erfolgt der erste Kontakt mit Keimen. Doch offenbar ist die Gebärmutter doch nicht keimfrei und dieses neue Wissen beeinflusst auch das medizinische Verständnis der Empfängnisbereitschaft.

Die Erkenntnis, dass der Uterus nicht keimfrei ist, geht auf die Reproduktionsmedizin zurück. Versuchen die Ärzte eine künstliche Befruchtung, wird die befruchtete Eizelle über einen Katheter samt Nadel in die Gebärmutter abgegeben. Entnimmt man den Katheter wieder, lassen sich regelmäßig Bakterien an der Nadel nachweisen. In einem keimfreien Uterus wäre das nicht möglich.

Bedeutung der Bakterien in der Gebärmutter

Die Ärzte machten sich daher die Mühe, die Bakterien näher zu untersuchen und konnten sie in zwei Gruppen einteilen:

  1. Laktobazillen (Milchsäurebakterien) und
  2. Bakterien anderer Formen.

Besteht die Bakterienkultur zu über 90 Prozent aus Laktobazillen (kurz LD), hat sich ein regelrechtes LD-Mikrobiom gebildet. Ein LD-Mikrobiom ist offenbar der gesunde Zustand der Gebärmutter, denn dieses Mikrobiom ging Hand in Hand mit einer gesunden Empfängnisbereitschaft.

  • Setzten die Ärzte befruchtete Eizellen bei Frauen mit LD-Mikrobiom ein, nistete sich die Eizelle in 60,7 Prozent der Fälle ein. Waren die Nicht-Milchsäurebakterien dagegen zu stark vertreten, lag ein NLD-Mikrobiom (Non-LD-Mikrobiom) vor und die Befruchtung gelang nur in 23,1 Prozent der Fälle.

  • Bei einem LD-Mikrobiom war die Schwangerschaft in 70,6 Prozent erfolgreich, bei einem NLD-Mikrobiom nur in 33,3 Prozent der Fälle.

  • Die Zahl der Lebendgeburten sank besonders drastisch: Lag sie bei einem LD-Mikrobiom bei 58,8 Prozent, ging sie bei dem NLD-Mikrobiom auf nur noch 6,7 Prozent zurück.

Wichtige Erkenntnis für künstliche Befruchtungen

Diese Unterschiede sind so groß, dass die Bedeutung der Bakterien in der Gebärmutter als sehr wichtig eingeschätzt werden muss. Die Reproduktionsmedizin diskutiert bereits darüber, vor den Versuchen einer künstlichen Befruchtung die Keimzusammensetzung der Gebärmutter zu untersuchen. So könnte für jede Frau berechnet werden, wie hoch ihre Erfolgschancen bei einer künstlichen Befruchtung wirklich sind.