Erschreckende Bilanz: Die meisten Sexualstraftäter sind nicht psychisch gestört

Eine antisoziale Persönlichkeit und eine Gelegenheitstat treffen auf die meisten Sexualverbrecher zu

Von Cornelia Scherpe
15. Februar 2017

Wer sexuelle Gewalt ausübt und gerichtlich verurteilt wird, kommt in Deutschland entweder in ein normales Gefängnis (Strafvollzug) oder in den Maßregelvollzug. Letztere ist für Menschen gedacht, die aufgrund einer psychischen Störung gehandelt haben.

Tatsache ist jedoch, dass nur rund drei Prozent der Sexualstraftäter eine solche Störung haben. Mit 97 Prozent ist die große Mehrheit erschreckend "klar im Kopf".

Die meisten sexuellen Verbrechen sind Gelegenheitstaten

Die Auswertung vieler Täterprofile hat gezeigt, dass die meisten nicht aus einem krankhaften Zwang oder aus einer Wahnvorstellung heraus handeln. Die meisten besitzen "nur" eine antisoziale Persönlichkeit und nehmen als Gelegenheitstäter eine sich ihnen bietende Chance schlicht wahr.

Auch in anderen Bereichen des Lebens setzen diese Menschen ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche über das Wohl der anderen. Sie manchen bei Sex keine Ausnahme.

Damit lässt sich auch erklären, warum in Kriegsgebieten immer wieder Vergewaltigungen stattfinden. Oft sind Soldaten beteiligt, die sonst psychisch völlig unauffällig sind.

Eine US-Studie kam zu einem ähnlichen Schluss, als normale Studenten zum Thema Vergewaltigung befragt wurden: Ganze 30 Prozent der jungen Männer konnten sich gewaltsame Übergriffe durchaus vorstellen, wenn sie straffrei dabei bleiben könnten.

Die Lage in Deutschland

In Deutschland wird die Schuldfähigkeit eines Angeklagten sehr eingehend geprüft. Leichte Störungen reichen laut Beschluss des Bundesgerichtshofs nicht für eine verminderte Schuldfähigkeit. Diese ist nur dann gegeben, wenn der Täter tatsächlich keine Steuerungsfähigkeit für seine Taten besitzt.

Zur Beurteilung wird nicht nur der verhandelte Straffall betrachtet, sondern die komplette Lebensführung. Wer ein unauffälliges Alltagsleben führen kann, ist laut Gericht in der Lage, sich anzupassen und damit auch schuldfähig.

Die Rückfallrate liegt unabhängig von psychischen Störungen bei 20 Prozent. Im normalen Gefängnis werden nach Ende der Haftzeit keine weiteren Kontrollen ergriffen. Nur bei einer Wiederholungstat ist eine Sicherungsverwahrung vorgesehen.

Im Maßregelvollzug dagegen werden die Täter nach dem sechsten und zehnten Jahr erneut von einem Psychiater begutachtet. Besteht Wiederholungsgefahr werden weitere Maßnahmen bis hin zur antiandrogenen Therapie ergriffen.