Forscher können erstmals männliche und weibliche Spermien im Ejakulat unterscheiden

Mit dem Durchbruch könnte bei einer künstlichen Befruchtung irgendwann das Wunschgeschlecht berücksichtigt werden

Von Cornelia Scherpe
10. September 2019

Wissenschaftlern aus Japan ist es gelungen, im Ejakulat zu bestimmen, welche Spermien ein Mädchen und welche einen Jungen zeugen würden. Dies ist ein Durchbruch in der Medizinforschung, könnte jedoch auch den Weg für ethische Probleme öffnen.

Aus der Vererbungslehre weiß man, dass Frauen zwei X-Chromosomen besitzen, während Männer ein XY-Paar tragen. Bei der Zeugung eines Kindes gibt die Mutter daher immer ein X-Chromosom weiter, während der Vater ein X-Chromosom vererben und damit ein Mädchen (XX) zeugen kann oder das Y-Chromosom weitergibt und ein Junge (XY) heranwächst.

Männliche und weibliche Spermien unterscheiden sind in der Anzahl an Genen

Bislang ließ sich weder bei einer natürlichen noch bei einer künstlichen Befruchtung ein Wunschgeschlecht festlegen. Die männlichen und weiblichen Spermien waren nicht zu unterscheiden. Japanische Forscher haben bei Mäusen jedoch herausgefunden, dass männliche Spermien bedeutend weniger Gene tragen. Es sind kaum 700, während weibliche Spermien die Informationen von über 3.000 Genen transportieren. Einige Gene tragen Informationen, die an der Oberfläche der Spermien ablesbar sind, wodurch die Forscher nun eine Unterscheidungsmöglichkeit besitzen.

In ersten Versuchen mit der künstlichen Befruchtung bei Mäusen konnten die Wissenschaftler relativ sicher das Geschlecht der Nachkommen vorab festlegen. Waren männliche Embryonen gewünscht, gelang dies auch in 90 Prozent der Fälle. Weibliche Embryonen konnten immerhin in 81 Prozent der Fälle "bestellt" werden.

Ethisch bedenklich

Mit diesem Durchbruch eröffnen sich Möglichkeiten, die zumindest aus ethischer Sicht fragwürdig sind. Paare hätten damit theoretisch die Option, bei einer In-vitro-Fertili­sation das Wunschgeschlecht anzugeben. Dies könnte verschiedene kritische Stimmen aufkommen lassen. Die Geschlechtsselektion gilt schon lange als problematisch. In China beispielsweise war es viele Jahre durch die Ein-Kind-Politik häufig vorgekommen, dass eine Abtreibung erfolgte, wenn der erste Ultraschall ein weibliches Kind zeigte. Heute ist dies zwar aufgehoben, doch in vielen Ländern bevorzugen Eltern noch immer einen männlichen Erben und könnten eventuell bei der In-vitro-Fertili­sation bewusst Mädchen "vermeiden lassen".