Frühchen haben es nicht leicht: die frühe Geburt wirkt sich auf die Charakterentwicklung aus

Neben dem schwierigen Start ins Leben, nimmt eine Frühgeburt auch auf das künftige Arbeits- und Privatleben Einfluss

Von Cornelia Scherpe
30. Juli 2015

Babys, die aus unterschiedlichen Gründen zu früh auf die Welt geholt werden, müssen meist eine gewisse Zeit auf der Intensivstation für Frühchen verbringen. Der kleine Körper ist oft noch nicht fertig entwickelt und würde ohne intensive Betreuung den verfrühten Start ins Leben nicht bewältigen. Sind die Kinder später körperlich stark genug, gibt es Entwarnung und die Eltern sind beruhigt.

Eine aktuelle Studie hat nun allerdings herausgefunden, dass es Frühchen nicht nur am Anfang aus physischer Sicht schwer haben, sondern auch das künftige Arbeits- und Privatleben oft schwieriger ist. Offenbar beeinflusst die zu frühe Geburt die Entwicklung des Charakters.

Charaktermerkmale ehemaliger Frühchen

Die Studie hatte 200 Menschen untersucht, die alle 26 Jahre alt waren. Es handelte sich um ehemalige Frühchen, die entweder weniger als 1.500 Gramm bei der Geburt gewogen hatten, oder vor der 32. Woche geboren worden waren.

Man analysierte ihre Charaktermerkmale und stellte diese einer Gruppe aus 197 Personen im gleichen Alter gegenüber. Gruppe Zwei diente dabei als Kontrollgruppe, in der alle als Normalgeburten gezählt hatten.

Es zeigte sich, dass die ehemaligen Frühchen deutlich introvertierter waren. Sie verschlossen sich häufiger gegenüber Mitmenschen und zeigten Ängste in sozialen Situationen. Gleichzeitig neigten sie zu extremeren Verhaltensweisen.

Der Charakter war demnach insgesamt weniger ausgeglichen und zeigte bei manchen sogar neurotische Züge. In der Kontrollgruppe dagegen dominierte Gelassenheit und Offenheit gegenüber Mitmenschen und Gewissenhaftigkeit.

Bindungsprobleme und sozialer Rückzug

Die Forscher betonen, dass diese Unterschiede nichts mit der Intelligenz der Teilnehmer zu tun hatten. Es handelte sich in der Frühchengruppe um Persönlichkeiten mit stärkeren Bedürfnis nach sozialem Rückzug. Dinge wie soziales Engagement fand man hier kaum.

Das wirkte sich trotz vergleichbarem IQ auf das Berufsleben aus. Die ehemaligen Frühchen erreichten seltener hohe Ausbildungsgrade, da sie Probleme mit Kollegen hatten. Auch privat gab es viel öfter Krisen, da Bindungsprobleme vorhanden waren.