Frühgeborene im Familienzimmer: Höhere Stillquote und niedrigeres Sepsis-Risiko

Laut mehrerer Studien hat ein Familienzimmer Vorteile gegenüber der Frühchenstation

Von Cornelia Scherpe
22. Januar 2019

Wird ein Kind als Frühchen entbunden, kommt es in den meisten Kliniken auf eine spezielle Station. Dort liegen alle Frühgeborenen in passenden Inkubatoren und können so intensiv betreut werden. Diese Frühchenstationen bringen jedoch auch Nachteile mit sich: Die Eltern können ihrem Neugeborenen nicht so nahe sein, wie sie es möchten. Das erschwert unter anderem das Stillen und kann die Mutter-Kind-Bindung nachhaltig stören.

In den letzten Jahren haben daher viele Krankenhäuser umgedacht und bieten das Konzept "entwick­lungs­fördernde familienzentrierte individuelle Betreuung". Was umständlich klingt, beschreibt den Ansatz, auch Frühchen in Familienzimmern zu pflegen. So können die Eltern während des Klinikaufenthaltes permanent beim Kind sein. Eine aktuelle Studie hat betrachtet, welche Unterschiede durch diese Betreuung messbar werden.

Bessere Hygiene und Stillquote im Familienzimmer

In Stockholm wurden 366 Frühchen entweder klassisch in offenen Stationen oder im Familienzimmer versorgt. Die Frühgeborenen beider Gruppen hatten ein ähnliches Risiko bei der Sterblichkeit. Das bedeutet, dass ein Familienzimmer nicht die Gefahr für unbemerkte Komplikationen erhöht, wie Kritiker vermutet hatten. Das Fachpersonal ist sowohl in den Räumen mit vielen Inkubatoren als auch in den Einzelzimmern immer zeitnah zur Stelle. Durch die größere Nähe zur Mutter erhöhte sich in den Familienzimmern aber wie erhofft die Stillquote. Sie ist gegenüber dem klassischen Modell dreimal so groß.

Beim Hinzuziehen zwölf älterer Studien zum gleichen Thema konnten die Forscher noch detaillierte Erkenntnisse gewinnen. Demnach verändert sich die geistige Entwicklung der Kinder bei einer Betreuung im Einzelzimmer nicht. Dieser erhoffte Vorteil konnte nicht belegt werden, was jedoch auch an der kurzen Nachbeobachtungszeit liegen kann. Manche Defizite werden erst jenseits des Kleinkindalters deutlich und so lange betreute keine Studie die jungen Teilnehmer. Dafür kam ein anderer Vorteil hinzu: Kinder in familiären Zimmern erlitten seltener eine Sepsis. Diese gefährlichen Infektionen waren auf offenen Stationen häufiger, was die Forscher auf eine bessere Hygiene im Einzelzimmer zurückführen.