Geschwister - lebenslange Beziehung zwischen Nähe und Rivalität

Von Dörte Rösler
21. August 2014

Zu unseren Geschwistern haben wir die längste und ambivalenteste Beziehung in unserem Leben. Wir suchen sie nicht aus und können sie nicht verlassen, wir lieben und hassen sie - oft sogar gleichzeitig. Keine andere Beziehung bietet so große Entwicklungschancen, und mit dem richtigen Verhalten können Eltern dieses Potential noch erhöhen.

Positive und negative Gefühle verstehen

Die meisten Geschwisterbeziehungen zeichnen sich durch ein unmittelbares Nebeneinander von positiven und negativen Gefühlen aus. Neid und Eifersucht können gleichzeitig mit Zuneigung und Vertrauen auftreten. Seinen Anfang nimmt der Mix aus intensiven Gefühlen mit der "Entthronisierung" des älteren Geschwisters. Wenn ein kleiner Bruder oder eine kleine Schwester auf die Welt kommt, fühlt es sich zurückgesetzt und muss lernen mit dem ungebetenen Eindringling zu teilen.

Ganz beseitigen können Eltern diese Rivalität nicht. Sie können aber viel dafür tun, dass die geschwisterliche Konkurrenz zu einem positiven Motor für die Entwicklung wird. Studien zeigen, dass ältere Geschwister weniger Eifersucht empfinden, wenn sie in die Pflege des Babys mit einbezogen werden.

Voneinander lernen

Im Kleinkind- und Kindergartenalter verbringen Geschwister mehr Zeit miteinander als mit den Eltern. Beim Streiten, Teilen und Verhandeln lernen sie, sich in einen anderen Menschen hineinzuversetzen, Verständnis für seine Bedürfnisse und Gefühle aufzubringen. Wie oft Geschwister dabei streiten, ist eine Frage des Temperaments. Und des Alters.

Studien zeigen, dass das Konfliktpotential zwischen gleichgeschlechtlichen Geschwistern mit geringem Altersabstand am größten ist. In der Kombination "großer Bruder, kleine Schwester" geht es am harmonischsten zu. Außerdem: Ältere sind oft Lehrer für die Jüngeren - und schneiden dadurch statistisch in Intelligenztests etwas positiver ab.

Etikettierungen vermeiden

Die Beziehung zu unseren Geschwistern kann die gesamte persönliche Entwicklung beeinflussen. Wenn Eltern ihre Kinder voreinander vergleichen und mit Etiketten wie "die Ängstliche" oder "der Vernünftige" versehen, ist das wenig sinnvoll. Zwar ist jedes Kind anders und sollte deshalb ganz individuell behandelt werden, feste Rollen engen jedoch ein.

Auf individuelle Bedürfnisse achten

Geschwister fair zu behandeln, heißt nicht, dass alle das Gleiche bekommen. Im Gegenteil: Eltern werden ihren Kindern nur gerecht, wenn sie sie unterschiedlich behandeln - je nach Alter, Fähigkeiten und aktuellen Bedürfnissen.