Hormonbehandlung in der Schwangerschaft: Werden mehr Kinder bi- und homosexuell?

Einnahme von Progesteron während der Schwangerschaft kann sexuelle Orientierung des Kindes prägen

Von Cornelia Scherpe
20. April 2017

Das Gelbkörperhormon ist für einen gesunden Ablauf der Schwangerschaft unabdingbar. Der Arzt nennt es auch Progesteron und kann es Frauen während der neun Monate als künstliches Hormon verschreiben. Frauenärzte tun dies, wenn das Risiko für eine Fehlgeburt erhöht ist, denn Progesteron sorgt für ein sicheres Einnisten des wachsenden Lebens in der Gebärmutter.

Doch welche Auswirkungen die Hormonvergabe auf die Entwicklung des Kindes haben kann, wurde bisher nicht untersucht. Eine US-Studie wollte erste Daten dazu sammeln und kam dabei zu einem überraschenden Ergebnis: Offenbar kann die Einnahme von Progesteron die sexuelle Orientierung des Kindes im Mutterleib prägen.

Für die Untersuchung machten die Forscher in Dänemark 17 Männer und 17 Frauen aus, deren Mütter damals Progesteron in der Schwangerschaft erhalten hatten. Eine weitere Gruppe mit 34 Teilnehmern (gleiche Geschlechtsverteilung) wurde zur Kontrolle hinzugenommen. Deren Mütter hatten keinerlei künstliche Hormone währen der Schwangerschaft bekommen.

Alle 68 Probanden waren inzwischen Mitte 20 und sexuell aktiv. Sie äußerten sich zu ihrem Beziehungs- und Sexualleben und gaben dabei auch an, ob sie gleichgeschlechtliche Erfahrungen gemacht hatten.

Progesteron erhöht die Wahrscheinlichkeit für Bi- oder Homosexualität

Die Auswertung der 68 Befragungen zeigte, dass die Gruppe mit erhöhten Progesteron-Kontakt im Mutterleib häufiger nicht-heterosexuell waren. Viele waren entweder bisexuell (17,6 Prozent), homosexuell (29,4 Prozent) oder ordneten sich einer anderen Ausrichtung zu. 24,2 Prozent gaben an, bereits mindestens einmal eine sexuelle Erfahrung mit einem Partner des gleichen Geschlechts gehabt zu haben.

Die Forscher leiten daraus ab, dass die künstliche Hormonvergabe an werdende Mütter eine prägende Rolle für das Kind spielt. Der Gedanke ist nicht abwegig, da Progesteron nicht nur im Menstruationszyklus und bei der Schwangerschaft eine Rolle spielt.

Das Hormon ist bei beiden Geschlechtern an der Entwicklung von Nerven beteiligt und wird zur Ausbildung weiterer Sexualhormone benötigt. Auch Steroidhormone sind auf Progesteron angewiesen und ihrerseits wichtig für verschiedene Stoffwechselvorgänge im Körper. Es zeigt sich daher einmal mehr, dass man die ganze Komplexität der Hormone noch lange nicht erschöpfend erforscht hat und die Vergabe daher nicht zu leichtfertig erfolgen sollte.