Infektionen treffen Männer oft stärker - Unterscheiden Erreger zwischen Männern und Frauen?

Forscher versuchten die Frage zu klären und versetzten sich in die Lage der Erreger

Von Cornelia Scherpe
22. Dezember 2016

Bei klassischen Erkältungen wird oft mit einem Augenzwinkern gesagt, dass Männer mehr darunter leiden als Frauen. Allerdings gibt es tatsächlich Infektionen, die Männer stärker befallen.

  • Die Infektion mit Tuberkulose beispielsweise bricht nach dem Kontakt mit dem Erreger bei Männern 1,5 mal so häufig aus.
  • Die Geschlechtskrankheit HPV verursacht im Mundraum bei Männern mit 5-facher Wahrscheinlichkeit Krebs.
  • Die Infektion mit dem Eppstein-Barr-Virus steigert das männliche Risiko auf das Hodgkin Lymphom um das 2-Fache.

So ließe sich die Liste fortsetzen. Doch warum sind viele Infektionen bei Männern schwerer im Verlauf?

Einen Grund sehen die Ärzte im Immunsystem des Menschen. Bei Frauen ist es tendenziell stärker und kann Infektionen daher besser abwehren. Genau aus diesem Grund erkranken Frauen auch häufiger an Autoimmunkrankheiten, denn ihre Abwehrkräfte richten sich bei Fehlfunktionen aggressiver gegen den eigenen Organismus.

Forscher analysieren das Verhalten der Erreger

Allerdings lässt sich der Unterschied bei Infektionen nicht allein mit dem schlechteren Immunsystem des Mannes erklären. Britische Forscher sind daher einen ungewöhnlichen Weg gegangen: Sie haben sich gedanklich in die Lage der Erreger versetzt.

Infektionserreger befallen einen Wirt mit der Absicht, sich in ihm einzunisten, zu vermehren und nach bester Möglichkeit auf andere Wirte zu streuen. Letzterer Punkt ist der Grund, warum Erreger einen gewissen Balanceakt hinlegen müssen. Sie dürfen ihren Wirt nicht zu schnell schwächen, denn falls sie ihn töten, bevor sie auf andere streuen können, schaden sie sich selbst. Die Hypothese der Forscher lautet daher: Bei Frauen hält sich der Erreger selbst zurück, damit über Schwangerschaften eine Infektion der Kinder erfolgen kann. In der Medizin spricht man dann vom "vertikalen Infektionsweg". Das Gegenstück ist die "horizontale Ansteckung" und sie erfolgt über Sex, Tröpfcheninfektion und weitere Wege.

Nach der Theorie der Forscher müssten daher Erreger, die nur horizontal verbreitet werden, Männer und Frauen gleich stark belasten, während die Erreger mit vertikalen Infektionsweg die Frauen "schonen". Und tatsächlich fanden die Forscher direkt einen Beleg dafür:

Der HTLV-1-Virus, der Leukämie auslösen kann, kommt sowohl in der Karibik als auch in Japan vor. In der Karibik ist Sex der häufigste Übertragungsweg, in Japan dagegen das Stillen durch die infizierte Mutter. Und tatsächlich führt in Japan der Erreger bei Männern häufiger zu Krebs, während in der Karibik beide Geschlechter ein vergleichbares Risiko haben.