IQ von Grundschülern sagt nichts über ihr Ethik-Empfinden aus

Moralgefühl und Intelligenz stehen bei Kindern im Grundschulalter in keinem Zusammenhang

Von Cornelia Scherpe
16. Februar 2017

Wer intelligent ist, der hat auch ein gutes Gefühl für richtig und falsch. So lautet eine allgemeine Ansicht, die jedoch wissenschaftlich nicht wirklich belegt werden kann.

Manche Psychologen sind vielmehr der Meinung, dass der IQ eines Menschen noch rein gar nichts über seine Fähigkeit zum moralischen Handeln aussagt. Eine aktuelle Studie hat Moralgefühl und Intelligenz bei Grundschülern überprüft und sieht zumindest in dieser Altersgruppe tatsächlich keinen Zusammenhang.

Durchführung der Studie

Deutsche Forscher arbeiteten mit 129 Kindern und deren Eltern zusammen. Die Jungen und Mädchen waren sechs bis neun Jahre alt und gingen in die Grundschule.

Zunächst führten die Forscher einen kindgerechten IQ-Test durch und bestimmten damit die Intelligenz jedes Kindes. Danach zeigte man jedem Kind verschiedene Bildergeschichten. Die Hauptfiguren brachen darin moralische Regeln und halfen beispielsweise einem Bedürftigen nicht, hänselten andere Kinder oder waren Süßigkeitendiebe.

Nach jeder Geschichte bat man die Grundschüler einzeln, sich in die Lage der Täter und in die der Opfer einzufühlen. Sie sollten das Handeln bewerten und (wenn möglich) Empathie zeigen. Aus den Angaben leiteten die Forscher das Moralgefühl für jedes Kind ab.

Kinder mit hohem IQ weisen nicht automatisch die bessere Moral auf

Es zeigte sich, dass überdurchschnittlich intelligente Kinder keinesfalls die bessere Moral hatten. Ethisches Verhalten wird demnach unabhängig von der Intelligenz erworben.

Diese Erkenntnis ist wichtig, denn es nimmt sowohl Eltern und Erzieher als auch Lehrer und andere Betreuer in die Pflicht. Jedes Kind kann unabhängig von der Intelligenz lernen, was moralisches Handeln bedeutet.

Man darf bei "kleinen Genies" auf keinen Fall voraussetzen, dass sie aufgrund ihrer intellektuellen Fähigkeiten von selbst einen moralischen Kompass entwickeln. Alle Kinder benötigen eine vergleichbare Förderung und vor allem gelebte Vorbilder.

Die Forscher betonen allerdings auch, dass die Ergebnisse nur für Grundschüler aussagekräftig sind. Ob Teenager oder Erwachsene ein Ethik-Empfinden anders ausbilden und dabei die Intelligenz doch zum Tragen kommt, muss eigenständig überprüft werden. Einzelne Studien haben dazu durchaus einen Zusammenhang vermuten lassen.