Juckreiz ist sozial ansteckend: Kratzt sich eine Maus, juckt es die Artgenossen auch

Juckreiz im Hirn fest einprogrammiert - Beim Mensch sowie beim Tier reichen Triggerfaktoren zum Auslösen

Von Cornelia Scherpe
16. März 2017

Bei Menschen und verschiedenen Affenarten haben Forscher schon vor einiger Zeit beobachten können, dass Juckreiz ansteckend ist. Damit ist nicht gemeint, dass der Auslöser des Juckreiz überspringt, sondern dass das Gehirn der Zuschauenden sofort anspringt. Die Mitglieder einer sozialen Gruppe kratzen sich ebenfalls, obwohl bei ihnen der Juckreiz gar nicht vorhanden war.

Im Experiment mit Mäusen haben Wissenschaftler jetzt herausgefunden, dass auch die kleinen Nagetiere dieses soziale Phänomen kennen. Besonders interessant dabei: Es genügte schon, einem gesunden Tier ein Video von einem Artgenossen vorzuspielen.

Kratzte sich die Maus auf dem Monitor, reagierte das zuschauende Tier zeitnah und rieb sich ebenfalls über die gezeigte Stelle. Das bedeutet, dass Mäuse ihre Artgenossen sofort erkennen und der soziale Juckreiz sogar digital übermittelt werden kann.

Ein Blick ins Hirn

Das Experiment beschränkte sich jedoch nicht nur auf das Beobachten der Mäuse. Die Forscher analysierten auch die Hirnfunktion der Tiere und machten dabei eine spannende Entdeckung. Man hätte vermutet, dass das "Mitkratzen" eine Form der Empathie ist.

Die Aktivität des Gehirns zeigt aber etwas anderes. Es geht nicht um Einfühlsamkeit, sondern um das Triggern von Botenstoffen. Auch beim Menschen dürfte das so sein, denn manchmal genügt bereits das Aussprechen des Worts "Kratzen" und jemand spürt einen Jucken.

Offenbar ist der Juckreiz fest im Gehirn einprogrammiert. Im Hypothalamus schüttet das Hormon "GRP" aus.

Dieser Botenstoff ist in der Medizin bereits bekannt und wird eigentlich von der betroffenen Hautstelle ausgeschüttet und über das Rückenmark zum Gehirn übertragen. So erfährt man, wenn eine Stelle juckt. Der soziale Juckreiz hat seinen Ursprung aber direkt im Gehirn, da es nur ein Phantom-Jucken ist.

Der Sinn dahinter könnte ganz pragmatisch sein: Soziale Tierarten wie Mäuse, Affen und auch der Mensch, leben in engen Verbänden. Verspürt ein Artgenosse ein Jucken, könnte der Auslöser schnell die ganze Gruppe betreffen. Daher kratzt man sich vorsorglich.