Kraft der Einbildung - oft werden Placeboeffekte unterschätzt

Von Cornelia Scherpe
25. Oktober 2012

In fast jeder guten Studie, die einen Wirkstoff erproben will, arbeitet man immer auch mit einer Placebogruppe. Diese besteht aus Menschen, die nur glauben, dass sie ein Medikament bekommen, doch in Wahrheit verabreicht man Tabletten, Spritzen oder Gels ohne Inhaltsstoffe. Bei einigen Menschen tritt dann ein Placeboeffekt ein. Sie glauben, es geht ihnen besser oder sie bilden sich Nebenwirkungen ein.

Die Macht der Gedanken kann dabei erschreckend groß werden. So sind zum Beispiel Fälle bekannt, in denen Menschen mit einer Placebovergiftung ins Krankenhaus mussten. Ein junge Mann wollte sich beispielsweise mit Antidepressiva töten, die er in einer Studie bekommen hatte. Nach 29 Tabletten ging er zu Boden, schwitzte und zitterte und zeigte einen stark abgefallenen Blutdruck. Die Notärzte retteten ihn. Später stellte sich jedoch heraus, dass er in der Kontrollgruppe gewesen war und die Pillen völlig harmlos waren.

Auch Studien zu Beipackzetteln zeigen, wie verheerend das Lesen dieser Informationen auf die Patienten wirken kann. Wer die potentiellen Nebenwirkungen genau studiert, der zeigt in der Praxis extrem häufig diese Probleme. In vielen Fällen löst dann vermutlich gar nicht das Medikament selbst die Beschwerden aus, sondern die Erwartungshaltung der Patienten.

In einer Studie zu SSRI klagten sechs Prozent derer in der Placebogruppe über Mundtrockenheit. In einer vergleichbaren Studie hatte man alle Probanden informiert, dass das Medikament zu Mundtrockenheit führen kann. Das Resultat: In der dortigen Placebogruppe stieg die Zahl der Probleme auf 19 Prozent.

Es wird deutlich, so die Experten, dass viele Therapien verstärkter auf den Placeboeffekt setzen sollten, um Patienten so auch zu helfen.