Neuer Trend zum Aberglaube - technischer Fortschritt weckt Wunsch nach Kontrolle

Warum der Aberglaube in Krisenzeiten die Illusion von Kontrolle schafft

Von Dörte Rösler
23. April 2015

Mit dem technischen und wissenschaftlichen Fortschritt sollte der Aberglaube verschwinden. Tatsächlich nimmt er nur andere Formen an: Während die Menschen sich früher vor Göttern und Dämonen fürchteten, verbreiten sich heute Verschwörungstheorien, die das unüberschaubare Weltgeschehen auf eine plausible Struktur zurückführen sollen.

Was nährt den Aberglauben?

Ob Pendel, Tarotkarten oder Horoskope - abergläubische Rituale können helfen, die Unsicherheit zu reduzieren. Zwar wissen wir heute viel mehr und genauer, was in der Welt passiert, aber gerade die Vielfalt an Informationen macht das Leben unübersichtlich.

Der Aberglaube erfüllt hier das Grundbedürfnis nach Orientierung: Er unterstellt kausale Zusammenhänge, wo die Wissenschaft oder das bloße Auge keine erkennen und verleiht den persönlichen Erlebnissen eine tiefere Bedeutung.

Aberglaube verschafft Illusion von Kontrolle

Mit einem Talisman gehen wir zuversichtlicher in eine Prüfung, im Kontakt mit Toten oder geheimen Naturkräften haben wir das Gefühl, den Lauf der Dinge beeinflussen zu können.

Dahinter steckt die Sehnsucht nach Strukturen - denn diese erlauben Kontrolle. Viele Menschen suchen deshalb in zufälligen Ereignissen oder Naturerscheinungen nach einem Muster, aus dem sie eine erklärende Regel ableiten können.

Die technologische Entwicklung leistet diesem Aberglauben noch Vorschub. Über das Internet lässt sich jede beliebige Botschaft in Sekundenschnelle um die ganze Welt schicken, ob Fotos von angeblich gesichteten Ufos, geheimnisvolle Zeichen im Kornfeld oder das Antlitz von Christus auf einem Toastbrot.

Je unsicher Menschen sich in ihrem Leben fühlen, desto eher sind sie bereit, selbst in den banalsten Dingen eine wegweisende Botschaft zu erkennen. Gerade in Krisenzeiten blüht darum der Aberglaube auf.