Offenbar kein Ansteckungsrisiko bei HIV-infiziertem Partner in antiretroviraler Therapie

In einer Studie mit 780 homosexuellen Paaren steckte sich kein einziger Partner mit HIV an

Von Cornelia Scherpe
24. Mai 2019

Wer den HI-Virus in sich trägt, ist bei ungeschütztem Sex ein großes Risiko für den Partner. Dieser kann sich ebenfalls infizieren, weshalb die Verwendung von Kondomen ausgesprochen wichtig ist. Doch wie groß ist die Ansteckungsgefahr, wenn sich der HIV-Patient einer antiretroviralen Therapie unterzieht? Bei einer solchen wird durch Medikamente die Anzahl der HI-Viren im Körper stark gesenkt, weshalb auch bei ungeschütztem Sex das Infektionsrisiko kleiner sein sollte. Eine aktuelle Studie hat genau das untersucht und bestätigt, was seit einiger Zeit vermutet wurde.

Über zwei Jahre hinweg wurden rund 780 Paare betreut. Es handelte sich um homosexuelle Männer in fester Partnerschaft, bei denen je ein Mann HIV-positiv und der andere gesund war. Alle Paare lebten in europäischen Ländern (14 verschiedene Nationen nahmen teil) und praktizierten ungeschützten Sex. Die erkrankten Männer unterzogen sich jedoch alle bereits seit geraumer Zeit einer antiretroviralen Therapie. Die Virenlast war bei jedem so gering, dass sie unter der Nachweisbarkeitsgrenze lag.

Nahezu kein Infektionsrisiko in Studie

In der Medizin geht man schon länger davon aus, dass eine so stark verringerte Virenzahl bedeutet, dass die Ansteckungsgefahr minimal sein muss. Es sind einfach sehr wenige Erreger in den Körperflüssigkeiten und können daher auch kaum übertragen werden. Da auf der anderen Seite die Viruserkrankung nicht heilbar ist, war man zurückhaltend, von einem geringen Ansteckungsrisiko zu sprechen. Die Studie zeigt aber: In den 24 Monaten des Beobachtungszeitraums infizierte sich von den gesunden Partnern nicht einer mit HIV. Demnach ist ein Wert von unter 200 HIV-1-RNA-Kopien pro Milliliter Blutplasma offenbar nahezu mit keinem Infektionsrisiko belegt.

Die Neuigkeit wird in der Medizinwelt und bei allen HIV-Betroffenen mit großer Freude aufgenommen. Viele Ärzte hoffen auch, dass HIV mit diesem Wissen ein Stück weit seltener zur Ablehnung Betroffener durch die Mitmenschen führt.