Phänomen Spätadoleszenz: Jugendliche werden immer später erwachsen

Von Nicole Freialdenhoven
1. Oktober 2013

Noch vor wenigen Jahrzehnten galten junge Menschen mit 16 bis 18 Jahren als erwachsen: Sie verließen die Schule, begannen ihre Berufstätigkeit und zogen in eigene Wohnungen um. Mit Mitte 20 waren die meisten schon verheiratet und hatten eigene Kinder. Die heutigen jungen Menschen sind davon weit entfernt: Viele leben mit Mitte 20 noch bei den eigenen Eltern und gründen erst mit Ende 30 eine eigene Familie - wenn überhaupt.

Psychologen führen diese verlängerte Phase des Erwachsenwerdens auf die veränderte Lebenswirklichkeit von heute zurück. Dadurch dass die Menschen immer älter werden und immer länger im Berufsleben stellen sollen, können sich Jugendliche mehr Zeit lassen mit der Entscheidungsfindung. So führte die Verkürzung des Gymnasiums nicht wie von der Politik gewünscht dazu, dass mehr Jugendliche ein frühes Studium beginnen, sondern eher dazu, dass sie sich eine längere Auszeit nehmen, Reisen oder ein soziales Jahr absolvieren, während sie herausfinden wollen, was sie eigentlich mit ihrem Leben anfangen wollen.

Auch das veränderte Verhältnis zwischen Kindern und Eltern trägt seinen Teil dazu bei: Heutige Eltern sind beispielsweise viel toleranter, wenn der Nachwuchs einen Partner zum Übernachten mit nach Hause bringt, so dass eine Flucht in eigene vier Wände überflüssig ist. Auch tun sich die Eltern schwerer damit, ihre erwachsenen Kinder ziehen zu lassen. Und manche der sogenannten Spätadoleszenten wollen auch gar nicht erwachsen werden - die Welt da draußen ist schließlich anspruchsvoll und teilweise ganz schön beängstigend.