Regelmäßige Mandelentzündung: Sollten die Mandeln entfernt werden?
Leichtfertige Operationen bei Tonsillitis - Kritiker sprechen sich gegen die Mandelentfernung aus
Vor allem im Kindesalter kommt es häufig vor, dass Menschen regelmäßig unter einer Mandelentzündung leiden. Der Arzt spricht von einer Tonsillitis und nicht selten empfehlen Medizinern bei heftigen Verläufen und wiederkehrenden Fällen eine operative Entfernung der Mandeln, die Tonsillektomie. Der einfache Grund: Was nicht mehr da ist, kann sich auch nicht mehr entzünden.
Doch kritische Mediziner sprechen sich gegen die zu leichtfertige Operation aus. Sie sind der Meinung, dass auch bei einer häufigen Tonsillitis die kleinen Rachenmandeln zu wichtig sind, um sie zu entfernen. Immerhin sind sie eine Art letzte Bastion des Immunsystems vor dem Gehirn.
Als Schranke wehren Sie Erreger ab, die sonst in das Gehirn wandern und beispielsweise eine Meningitis (Hirnhautentzündung) auslösen. Wer keine Mandeln mehr hat, wird für Infektionen anfälliger.
Ohne Mandeln steigt die Anfälligkeit für Erreger
Eine aktuelle Studie wollte objektive Daten sammeln und hat sich sieben ältere Untersuchungen angesehen. Die früheren Studien deckten die Jahre 1980 bis 2016 ab und hatten Kinder mit schweren Mandelentzündungen untersucht. Den Jungen und Mädchen (beziehungsweise ihren Eltern) war entweder zu einer Tonsillektomie geraten worden oder die Mandeln durften im Hals bleiben.
In den zwölf Monaten nach einer Operation kam es in den OP-Gruppen je nach Studie zu 0,6 bis 2,93 neuen Mandelentzündungen. In den Gegengruppen mit konservativer Behandlung lag die Zahl um das 3-Fache höher.
Die Kontrollgruppen mussten häufiger wieder zum Arzt und hatten mehr Fehlstunden in der Schule. Im ersten Jahr nach einer Tonsillektomie überwiegen also die Vorteile.
Über die kommenden Jahren glichen sich allerdings die Werte in den beiden Gruppen an. Der OP-Vorteil schwand komplett und alle Kinder hatten gleich häufig neue Racheninfektionen. Das zeigt, dass die Anfälligkeit für Erreger ohne Mandeln tatsächlich steigt.
Die allgemeine Lebensqualität der Heranwachsenden war nach vier bis sechs Jahren in beiden Gruppen vergleichbar, was in Anbetracht der Operationsrisiken und des Stresses für Eltern und Kinder eher gegen die Tonsillektomie spricht.