Schlüssel entdeckt: Warum Nierenleiden auf die Blutgefäße wirken

Häufig versterben Nierenpatienten nicht an ihrer Grunderkrankung, sondern an Komplikationen durch Cyanat

Von Cornelia Scherpe
11. Juni 2015

Menschen mit einer gestörten Nierenfunktion entwickeln meist auch Gefäßprobleme. Häufig versterben Nierenpatienten nicht an ihrer eigentlichen Grunderkrankung, sondern an einer Komplikation, die das Herz betrifft.

Probleme durch Cyanat-Überschuss

Bisher konnten Ärzte nicht genau erklären, warum Nierenprobleme so sehr auf das Herz-Kreislaufsystem gehen. Forscher haben sich daher eingehender mit dem Problem beschäftigt und nun tatsächlich den entscheidenden Schlüssel zum Verständnis des Phänomens gefunden: Cyanat.

Bei Cyanat handelt es sich um ein Abbauprodukt im Körper, das entsteht, wenn Harnstoff umgewandelt wird. Da Cyanat durch die geschwächten Nieren aber nur schlecht ausgeschieden werden kann, haben Patienten mit Nierenstörungen immer zu viel davon im Organismus. Das führt gleich zu zwei Problemen.

Angriff auf die Gefäßgesundheit

Zum einen spielt das Gen für das Eiweiß "ICAM-1" eine tragende Rolle. Es wird bei Nierenpatienten aktiviert und sorgt dafür, dass es zu chronischen Entzündungen im Körper kommt. Diese Entzündungen betreffen auch die Blutgefäße und führen daher nach und nach dazu, dass die Gefäßgesundheit zerstört wird. Aktiviert wird dieses Gen durch den Stoff "Cyanat".

Gutes Cholesterin wird böse

Hinzu kommt die interessante Beobachtung, dass bei Nierenkranken das gute Cholesterin HDL verändert wird. Auch hier spielt Cyanat wieder eine tragende Rolle. Bei diesem Mechanismus wirkt das Zersetzungsprodukt direkt auf das HDL-Cholesterin ein und verändert das Eiweiß.

Die Veränderung hat zur Folge, dass HDL die Gefäße nicht mehr schützt. Normalerweise führt das gute Cholesterin dazu, dass die Gefäße sich nicht zu stark verengen und der Blutfluss normal funktionieren kann. Durch die von Cyanat ausgelöste Veränderung jedoch geht diese Schutzwirkung zurück und kann im Extremfall sogar ins Gegenteil schlagen: das "gute" Cholesterin wird "böse" und führt erst recht zu einer Verengung der Gefäße.

Beide Mechanismen führen dazu, dass Nierenkranke mit der Zeit Gefäß- und Herzprobleme bekommen.