Selektiv mutistische Kinder - zu Hause redselig, woanders stumm
Statistiken zufolge leiden sieben von tausend Kindern unter dem so genannten selektiven Mutismus. Während sie sich zu Hause im Kreis ihrer Liebsten und engsten Verwandten als aufgeschlossen und redselig zeigen, verstummen sie in anderen Situationen völlig und sagen kein einziges Wort. Dies kann beim Kontakt zu fremden Personen sein, jedoch auch im Kindergarten. Als Ursache dieser Kommunikationsstörung gelten häufig extreme Veränderungen im Leben eines Kindes.
Auslöser und Ausprägungsformen
In vielen Fällen sind Kinder im anfänglichen Kindergarten- oder Schulalter vom selektiven Mutismus betroffen. Sie starten eine neue Etappe im Leben und einige fühlen sich mit so einer neuen Situation überfordert.
Nach Ansicht von Experten kann es für deutschsprachige Kinder in einer neuen Umgebung bis zu einem Monat lang dauern, bis sie anfangen zu sprechen; dies sei nicht weiter bedenklich - bei Kindern, die aus fremdsprachigen Familien kommen, kann diese Eingewöhnungszeit sogar bis zu einem halben Jahr lang andauern. Wird dieser Zeitraum jedoch überschritten und macht das Kind partout den Mund nicht auf, sollte ein Arzt zu Rate gezogen werden.
Verharmlosung des plötzlichen Schweigens durch Eltern und Lehrer
Die Auslöser für das plötzliche Schweigen - was sich tatsächlich in den meisten Fällen langsam entwickelt - von immer weniger fallenden Wörtern bis zur totalen Verstummung - können sehr vielfältig sein. Die einen haben schlichtweg mit einer großen Unsicherheit zu kämpfen, die anderen haben eine schlimme Krankheit oder die Trennung der Eltern erlebt.
Das Problem ist, dass viele Eltern und Lehrer sich nicht vorstellen können, was in so einem Kind vorgeht und diese Reaktion auch gerne mal verharmlosen, zum Beispiel als Kein-Bock-Phase, die schon bald vorüber gehen wird. Häufig wird der oder die Betroffene unter Druck gesetzt, was die Situation verschlimmert.
Die richtige Verhaltensweise
Wenn Eltern den Verdacht hegen, ihr Kind könnte unter selektivem Mutismus leiden, sollte zunächst ein Kinderarzt befragt werden. Dieser überweist die kleinen Patienten dann an einen Spezialisten, der ihnen im Rahmen einer speziellen Therapie helfen kann, das Schweigen zu brechen. Hier werden langsam Gespräche aufgebaut, typische Schulszenen nachgespielt und sich auf bevorstehende Referate vorbereitet. Auf diese Weise werden die Kinder Schritt für Schritt wieder aus ihrer Starre herausgeholt und können den Schulalltag immer leichter und besser meistern.
Unterstützung durch die Eltern
Die Eltern können ihre Kinder unterstützen, indem sie ihnen Mut machen und versichern, dass es bald besser wird und dass man auch mit kurzen Sätzen einen Schritt in die richtige Richtung machen kann. Weder Ignorieren noch unter Druck setzen sind hier die richtigen Mittel.