Tauben haben keinen Kompass im Schnabel

Von Ingo Krüger
17. April 2012

Das "Rennpferd des kleinen Mannes", die Brieftaube, ist in der Lage, immer wieder nach Hause zurückzukehren. Dass sie das schafft, ist schon seit Tausenden von Jahren bekannt. Doch Forscher zerbrechen sich immer noch den Kopf darüber, wie ihr dies gelingt.

Bisher galt als vorherrschende Lehrmeinung, dass die Vögel sich mit Magnetit orientieren. Auf diese eisenhaltigen Mineralkristalle, die sich im Schnabel der Tiere befinden sollen, wirkt die Magnetkraft besonders stark. Bewegt sich das äußere Magnetfeld der Erde, verändert sich der Druck der Kristalle auf einen bestimmten Nerv.

Doch Wissenschaftler aus Wien haben diese Theorie nun widerlegt. Sie untersuchten rund 200 Tauben auf eisenhaltige Zellen. Diese fanden sie bei manchen dieser Vögel nicht nur in der Schnabelhaut, sondern auch in Federfollikeln und den Schleimhäuten der Atemwege. Bei einigen Tauben fanden sich jedoch gar keine Kristalle.

Die Lösung lieferte ein krankes Tier. Hier entdeckten die Forscher in der Nähe des Infektionsherdes tausende eisenhaltige Zellen. Diese Makrophagen - Fresszellen, die zu den Zellen des Immunsystems gehören - bekämpften die Krankheitserreger. Diese weißen Blutkörperchen dienen, so die Wissenschaftler, nicht der Orientierung, sondern nur der Krankheitsbekämpfung. Der Schnabel sei kein Organ, das Magnetwellen empfange, erklärten die Forscher.

Die Theorie über das Gespür der Tauben für das Magnetfeld der Erde muss demzufolge überarbeitet werden.