Trotz fehlender Sehnervenkreuzung können Patienten normal sehen

Von Cornelia Scherpe
15. August 2012

Das menschliche Gehirn ist in zwei Hälften aufgeteilt. Es gibt die rechte und die linke Hemisphäre. Die menschlichen Augen leiten die Eindrücke aus unserer Umwelt über die Sehnerven in die Hirnhälften weiter und dies über Kreuz. Die Informationen des rechten Auges landen also in der linken Hirnhälfte und die Informationen des linken Auges kommen in der rechten Hirnhälfte an. Dies wird als Sehnervenkreuzung bezeichnet.

Allerdings kann es zu Fehlern im Sehsystem kommen, was im Normalfall bedeutet, dass die Fähigkeit des Sehens verloren geht. Die Informationen werden nicht korrekt von den Nerven an die jeweiligen Hirnareale weitergeleitet und können daher nicht korrekt verarbeitet werden.

Dennoch haben Forscher nun nachgewiesen, dass es Menschen mit dieser Beeinträchtigung dennoch möglich ist, zu sehen. Das System scheint sich den Problemen einfach anzupassen. Es konnten zwei Fälle dokumentiert werden, in denen Menschen die gesunde Sehnervenkreuzung nicht brauchten. Beide hatten von Geburt an keine Sehnervenkreuzung und konnten sich auf diesen wichtigen Sinn dennoch verlassen. Das einzige, was sich bei ihnen in Test als unterentwickelt herausstellte, war das räumliche Sehen. Ansonsten hatten beide Patienten keine Probleme damit, visuelle Eindrücke zu verarbeiten.

Die Untersuchung der Gehirne mittels bildgebender Verfahren zeigte, dass die Signale von den Augen zwar falsch im Kopf ankamen, dass dies die Verarbeitung aber keineswegs unterbrach. In erster Instanz wurden die Fehler einfach akzeptiert und fehlerhaft weitergegeben, damit sie auf höherer Ebene weiter verarbeitet werden konnten. Das führte zu überlappenden "Karten" und damit räumlichen Wahrnehmungsproblemen, aber die Patienten konnten sich im Alltag problemlos mit den Augen zurecht finden.