Unerwartetes Studienergebnis: Adipositas auf dem Land häufiger als in der Stadt

Städter leiden laut einer Studie seltener an starkem Übergewicht als Landeier

Von Cornelia Scherpe
27. Mai 2019

Weltweit ist eine regelrechte Adipositasepidemie im Gange. Immer mehr Menschen überschreiten die Grenze eines gesunden Gewichts so weit, dass sie an Adipositas erkranken. Und eine aktuelle Studie zeigt, dass entgegen der weit verbreiteten Meinung vor allem Menschen in ländlichen Regionen betroffen sind.

Untersucht wurde der BMI von 112 Millionen Männern und Frauen in insgesamt 200 Ländern der Welt. Im Beobachtungszeitraum 1985 bis 2017 stieg bei beiden Geschlechtern in jeder Region der durchschnittliche BMI. Bei Frauen wuchs er um 2,0 kg/m2, bei Männern um 2,2 kg/m2. In Zahlen bedeutet dies, dass heutige Erwachsene im Vergleich zu jenen der 1980er etwa fünf bis sechs Kilo schwerer sind.

Für den Anstieg der Durchschnittswerte sind allerdings zu 80 Prozent die Bewohner ländlicher Regionen verantwortlich. Teilte man die Gruppe, war der BMI auf dem Land bei beiden Geschlechtern um 2,1 kg/m2 höher, in der Stadt nur 1,3 kg/m2 (Frauen) beziehungsweise 1,6 kg/m2 (Männer).

Warum Menschen in ländlichen Regionen häufiger übergewicht sind

Bislang ging man allgemein davon aus, dass vor allem Menschen in Städten gefährdet sind. Die urbane Umgebung sorgt für Fast Food an jeder Straßenecke. Zugleich sind viele Berufe nur noch Kopfarbeit, sodass weniger Bewegung die Norm wird. Diese Kombination aus Nahrungsmitteln mit einer enormen Menge an Kalorien bei gleichzeitig weniger Kalorienverbrauch erhöht das Risiko für Übergewicht. Dies stimmt auch alles, doch das Bild vom Landleben ist nicht mehr aktuell. Früher war die Arbeit auf dem Bauernhof körperlich anstrengend und gegessen wurde kein Fast Food, sondern das Geerntete der eigenen Felder. Im 21. Jahrhundert sieht moderne Landwirtschaft häufig anders aus. Maschinen übernehmen viele Arbeiten und durch Autos können die Hofbesitzer zum nächsten Supermarkt fahren und dort ebenfalls "ultra-verarbeitete" Nahrungsmittel mit vielen Kalorien kaufen. Die Vorteile haben sich also verflüchtigt.

Doch warum ist das Adipositasrisiko dann nicht bei Land- und Stadtmenschen gleich? Die Forscher vermuten, dass Bewohner ländlicher Regionen anfälliger für Werbebotschaften sind. Insgesamt ist das Bildungsniveau auf dem Land geringer als in urbanen Regionen. Das dürfte Menschen empfänglicher für Werbung machen. Zugleich gibt es in den Supermärkten weniger Angebot aus anderen Kulturen, sodass Fast Food noch öfter auf dem Teller landet.