Warum hilft Cortison bei akuten Lungenverletzungen? Forscher entschlüsseln den Vorgang

Durch die Nutzung der Fresszellen des Immunsystems, sperrt Kortison gefährliche Entzündungsauslöser aus

Von Cornelia Scherpe
13. August 2015

Es gibt einige Therapien in der Medizin, deren Wirksamkeit zwar seit Jahren bekannt ist, bei denen die Ärzte aber die genauen Vorgänge im Körper gar nicht erklären können. Hierzu zählt die Behandlung akuter Lungenverletzungen (abgekürzt ALI, für "Acute Lung Injury").

Lebensgefährliche Entzündungsreaktionen

Betroffene bekommen vom Arzt das Hormon Cortison, damit Entzündungen gehemmt werden und der Körper die Kraft zur Selbstheilung findet. Doch wie genau das Cortison im Körper wirkt, war bislang unklar. Deutsche Forscher haben diese Wissenslücke nun geschlossen und kommen zu einer ganz erstaunlichen Erkenntnis.

Bei einer ALI finden so starke Entzündungsreaktionen in der Lunge statt, dass der Patient in Lebensgefahr schwebt. Entzündungen werden durch das Immunsystem ausgelöst, indem Abwehrzellen geschickt werden und einen Kampf gegen Erreger und erkrankte Zellen aufnehmen.

Die Entzündung soll also der Heilung dienen. Gerät ein lokaler Entzündungsherd jedoch außer Kontrolle, wird zu viel Gewebe geschädigt und Ärzte müssen Entzündungshemmer einsetzen, um den Patienten zu retten.

Cortison im Kampf gegen Entzündungsauslöser

Cortison beendet Entzündungen der Lunge, indem es die Makrophagen (Fresszellen) des Immunsystems benutzt. Im Experiment mit Mäusen konnten die Forscher zeigen, wie das Cortison sich an die Fresszellen setzte.

Durch diese Interaktion verhindert das Hormon, dass Zellen des Immunsystems weiterhin die Barriere der Gefäßinnenwand der Lunge überwinden. Die Entzündungsauslöser werden also quasi ausgesperrt und daher kann der Entzündungsherd abheilen.

Umdenken erforderlich

Dabei machten die Forscher eine weitere spannende Entdeckung: Um das Ziel zu erreichen, aktiviert Cortison nicht, wie man erwartet hätte, Signalwege gegen eine Entzündung. Man beobachtete, wie Signalwege gewählt wurden, die in der Medizin bisher ausschließlich als entzündungsfördernd bekannt waren.

Offenbar besitzen diese Wege jedoch nicht nur eine Wirkung. In der Behandlung von Entzündungen muss also künftig umgedacht werden.