Wie reine Sitzplatzstadien die Fankultur zerstören

Von Matthias Bossaller
22. März 2012

Die Stehplatzkultur in Europas Fußballstadien ist vom Aussterben bedroht. In England, dem Mutterland des Fußballs gibt es die Stehgeraden und -kurven schon lange nicht mehr. Doch auch in Deutschland und in den anderen europäischen Topligen geht der Trend vermehrt zu reinen Sitzplatzstadien. Immerhin kämpfen in Deutschland noch genug Fans um ihre Stehkurven. Für sie gehört das zur Fankultur dazu.

Wer einmal etwa die Südtribüne im Dortmunder Stadion mit seinen 25.000 dicht an dicht stehenden Menschen erlebt hat, wird diese Stehtribüne niemals abschaffen wollen. Das Selbstverständnis, am Spiel mit Gesängen und Choreographien teilzuhaben und nicht bloß Zuschauer zu sein, entwickelte sich in den 60er Jahren zuerst in Großbritannien. Später breitete sich die Fankultur im restlichen Europa aus. Von den Stehtribünen kommen die lautstarken Anfeuerungen der Fans für ihr Team. Für viele Anhänger ist ihr Verein zum Lebensinhalt geworden.

Ausgerechnet in England, dem Ort also, wo die Fankultur auf den Stehplätzen ihren Ursprung hatte, verschwanden die Stehtribünen als erstes wieder. Der Grund: Die Katastrophe von Hillsborough 1989, als 96 Fußballanhänger im Spiel zwischen Nottingham Forest und dem FC Liverpool zu Tode gequetscht wurden. Aus Sicherheitsgründen wandelten sich die Arenen in reine Sitzplatzstadien. Die berühmt berüchtigte Stimmung aus den englischen Fußballstadionen litt indes extrem unter dieser Wandlung. Von der Gänsehautatmosphäre von einst ist nicht mehr viel übrig geblieben.