"Zweitmeinungsverfahren": Testlauf für einen umstrittenen Teil der Gesundheitsreform
Bei Risikoreichen oder teuren Medikamenten soll eine Zweitmeinung zur Verschreibung eingeholt werden
Patienten sollen bestimmte Arzneimittel in Zukunft nur noch bekommen, wenn ein zweiter Arzt der Verordnung zustimmt. Diese Möglichkeit sieht das jüngste Gesundheitsreformgesetz seit Jahresanfang vor.
Sie soll bei Medikamenten "mit hohen Jahrestherapiekosten oder mit erheblichem Risikopotential" greifen. Welche Arzneimittel infrage kommen, muss der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) festlegen, in dem Vertreter der Krankenkassen, Ärzte und Kliniken zusammen mit unparteiischen Mitgliedern entscheiden. Als erste Mittel bestimmte das Gremium vier Wirkstoffe gegen verschiedene Formen von Lungenhochdruck.
Wer es wirklich braucht, bekommt es auch
Die Präparate können Kosten von bis zu 112.000 Euro pro Jahr verursachen. Die Verordnung soll künftig nur noch möglich sein, wenn ein zweiter, besonders fachkundiger Arzt zustimmt. "Wir sind mit einer relativ seltenen Erkrankung eingestiegen, um Erfahrungen zu sammeln", erklärt GBA-Vorsitzender Dr. Rainer Hess. Er sieht darin eine Möglichkeit, die Qualität der Behandlung zu sichern, "indem diejenigen, die ein solches Präparat benötigen, es unbürokratisch bekommen", sagt er in der "Apotheken Umschau".
Außerdem würden Ärzte die Präparate dann auch bereitwilliger verordnen, weil ihnen nach der Zustimmung des Spezialisten "jeglicher Regressdruck genommen wird". Bei unwirtschaftlicher Verordnung müssen Ärzte unter Umständen für die Behandlungskosten haften.
Als nächstes soll die Regelung auf bestimmte Arzneimittel gegen Krebserkrankungen ausgedehnt werden.