Zwillingsstudie zeigt: Tinnitus auf beiden Ohren kann erblich bedingt sein

Bilateraler Tinnitus - Gene spielen eine besondere Rolle bei Entwicklung

Von Cornelia Scherpe
13. Juni 2017

Tinnitus, also Ohrgeräusche wie Pfeifen und Piepen, kann durch Erkrankungen im Ohr, durch Stress und weitere Faktoren auftreten. Obwohl die Medizin sich seit vielen Jahrzehnten mit der Störung beschäftigt, sind die Ursachen und auch mögliche Heilmethoden noch lange nicht erschöpfend erforscht.

Unter anderem steht weiterhin die Frage im Raum, ob Tinnitus auf genetische Faktoren zurückgeht und damit erblich bedingt sein kann. Beobachtungsstudien der letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass Menschen mit betroffenen Geschwister ein erhöhtes Risiko (rund 70 Prozent) tragen.

Allerdings blieb die Frage offen, ob in Familien mit Tinnitus nicht einfach nur mehr Aufmerksamkeit auf der Krankheit liegt und daher Neuerkrankungen eher auffallen. Eine aktuelle, internationale Studie unter der Leitung der Berliner Charité wollte den genetischen Aspekt näher untersuchen und führte eine Zwillingsstudie durch.

Bei eineiigen Zwillingspaaren besteht besonders hohes Risiko

Mehr als 10.000 Zwillingspaare, ein- und zweieiige, wurden für die Untersuchung ausgewählt. Betrachtet man alle Teilnehmer insgesamt, ergab sich eine Tinnitus-Gefahr von 14,9 Prozent. Diese Zahl entspricht ungefähr dem Risiko der Allgemeinbevölkerung, was die Auswahl zu einer guten Stichprobe macht.

Zunächst wurde Tinnitus als übergeordnetes Krankeitsbild betrachtet. Dieser ging bei zweieiigen Zwillingen mit einem Risiko von 20 Prozent, bei eineiigen Paaren mit einem Risiko von 30 Prozent einher. Um ins Detail zu gehen, unterschieden die Forscher anschließend zwischen Geräuschen auf entweder nur einem (unilateral) oder beiden Ohren (bilateral).

War nur ein Ohr betroffen, blieb das genetische Risiko vergleichsweise klein. Zweieiige Paare kamen auf 19 Prozent und eineiige Zwillinge auf 25 Prozent. Anders sah es bei bilateralem Tinnitus aus. Zweieiige Zwillingspaare lagen bereits bei 30 Prozent und eineiige Paare sogar bei 49 Prozent.

Daraus leiten die Forscher ab, dass die Gene nicht allein ausschlaggebend sind, aber vor allem bei beidseitigen Tinnitus eine große Rolle spielen. Bilateraler Tinnitus ist zudem offenbar ein genetischer Subtyp mit einer eigenen Vererbung. Es macht für die nahe Zukunft daher Sinn, nach den "Tinnitus-Genen" zu suchen.