Behandlung von psychisch kranken Patienten: Experten beklagen falsche finanzielle Anreize

Von Nicole Freialdenhoven
1. Juli 2013

Da sich in Deutschland immer mehr Menschen wegen leichten psychischen Erkrankungen wie Burnout und Depressionen behandeln lassen, fließt immer mehr Geld der Krankenkassen in diese Richtung. Darunter leiden mittlerweile die Therapiemöglichkeiten für Menschen mit schweren psychischen Störungen, warnen Experten. Da diese Behandlungen weniger gut bezahlt werden, setzen immer mehr Psychiater auf Patienten, die lediglich eine leichte oder mittelschwere Störung aufweisen und psychotherapeutische Hilfe suchen.

Die psychotherapeutische Behandlung von Patienten mit Burnout oder leichten Depressionen wird von den Krankenkassen mit bis zu 90 Euro vergütet, während ein Psychiater, der einen schwerkranken Patienten mit Schizophrenie oder einer bipolaren Störung betreut, lediglich 45 Euro für seine Arbeit erhält.

In Kliniken droht sich die Situation ab 2015 noch zu verschärfen, wenn für die Psychiatrie ein neues Entgeltsystem mit Tagespauschalen eingeführt wird. Bleibt ein Patient länger als 14 Tage in Behandlung, werden diese Pauschalen gekürzt. Dies könnte dazu führen, das psychiatrische Patienten vorzeitig entlassen werden, warnen Experten.

Andere sehen eine Zweiklassengesellschaft bevorstehen: Auf der einen Seite die wachsende Zahl der psychosomatischen Einrichtungen, in denen gutsituierte Patienten Hilfe bei gutbezahlten Psychotherapeuten finden, auf der anderen Seite die Schwerkranken der Psychiatrie, die viel zu kurz behandelt werden und denen daher Rückfälle drohen.