Bluttest bestimmt die Chronozeit - das könnte die Medikamentenvergabe der Zukunft verändern

Wird die Medikamenteneinnahme auf die innere Uhr abgestimmt, lässt sich die Wirkung verbessern

Von Cornelia Scherpe
19. Juli 2018

Während manche Menschen am frühen Morgen die beste Konzentration und meiste Kraft für die Arbeit haben, blühen andere deutlich später auf und sind dafür am späten Abend wacher und leistungsbereiter. Inzwischen weiß die Medizin, dass dies weder Einbildung noch eine freie Entscheidung ist, denn jeder Mensch hat eine in sich angelegte Chronozeit. Bislang konnten sich Ärzte allerdings nur auf die persönlichen Aussagen der Patienten verlassen, wenn es um die Bestimmung ging, denn es fehlte ein objektiver Test. An der Berliner Charité ist nun jedoch ein Durchbruch gelungen: ein Bluttest macht eine Aussage über die persönliche Chronozeit möglich.

Chronozeit durch Blutanalyse messbar

Für die Entwicklung des Tests analysierten die Forscher zunächst rund 20.000 Gene. Sie fanden am Ende insgesamt zwölf Stück, die auf die persönliche innere Uhr wirken. Mit gesunden Freiwilligen konnte man zeigen, wie aussagekräftig eine Blutanalyse dieser Gene ist: Man bat alle Teilnehmer zu einer frühen Morgenstunde einen Wecker zu stellen und entsprechend zeitig aufzustehen. Bei Menschen, deren innerer Rhythmus dadurch gestört wurde, veränderte sich die Genaktivität messbar. So konnte man zeigen, wer ein Spättyp war und im Ausschlussverfahren auch die Frühtypen bestimmen.

Chronotherapie birgt viele Vorteile

Für die Medizin könnte diese Erkenntnis eine entscheidende Bedeutung haben. Bislang wird eine sogenannte Chronotherapie selten angewandt. Bei dieser Therapieform vergibt man Medikamente zu Tageszeiten, die zur inneren Uhr der Patienten passen. Die Wirkung kann damit verstärkt und zugleich das Risiko auf Nebenwirkungen gesenkt werden. Da allerdings bisher die objektive Bestimmung der Chronotypen nicht möglich war, bevorzugten viele Ärzte ein konventionelles Vorgehen.

Viele sind aber bereits heute davon überzeugt, dass das Finden des individuell richtigen Zeitfensters für die Medikamenteneinnahme für jeden Patienten von großem Vorteil wäre. Mit der Entwicklung des neuen Bluttests könnte diese Chance nun öfter ergriffen werden. Zunächst sind aber erst einmal mehrere Studien geplant. Die Wissenschaftler möchten die Wirksamkeit der personalisierten Chronotherapie exakt erforschen.