Dissoziative Identitätsstörung: Wenn die Seele sich spaltet

Hält die psyche zu großem Leid nicht Stand, entsteht in manchen Fällen ein Selbstschutz mit pathologischen Ausmaßen

Von Cornelia Scherpe
11. Dezember 2015

Lange Zeit als "Multiple Persönlichkeitsstörung" bezeichnet, lautet der korrekte Fachausdruck inzwischen "Dissoziative Identitätsstörung", kurz DIS. Es handelt sich dabei um eine schwerwiegende Erkrankung der Psyche. Betroffene haben in ihrer Vergangenheit soviel Leid erfahren, dass die Seele dies nicht ertragen konnte. Im Zuge eines Selbstschutzes kam es daher zu einer Spaltung des Ichs.

Mit dem Phänomen DIS werden die meisten Menschen in Filmen und Büchern konfrontiert. Eines der bekanntesten Werke zu diesem Thema ist der Film "Fight Club". Allerdings wird in diesen fiktiven Aufarbeitungen ein überzogenes Bild der Krankheit gemalt. Ihre Existenz gilt inzwischen aber als bewiesen, auch wenn viele Psychologen sie lange für gar nicht möglich gehalten haben.

Auslöser und Krankheitsbild

Bei der Dissoziativen Identitätsstörung findet die Spaltung der Persönlichkeit durch ein Trauma statt, das meist ins Kindesalter zurückgeht. Es kann sich dabei

Gemeinsam ist den Betroffenen, dass sie mehr Leid erfahren haben, als sie verarbeiten können. Die Psyche kapselt diesen traumatisierten Persönlichkeitsaspekt dann ab, um den Menschen an sich zu schützen. So erleben Psychiater beispielsweise, wie eine erwachsene Frau plötzlich in das

  • Sprechen,
  • Handeln und
  • Denken

eines kleinen Kindes zurückfällt, wenn man den Persönlichkeitsaspekt triggert, der damals als junges Mädchen vergewaltigt wurde. Oft gibt es auch "Schutzpersönlichkeiten", die dann die Kontrolle übernehmen, wenn der aktuelle Druck zu groß wird.

Bei Vergewaltigungsopfern kann das sogar ein Aspekt sein, der sich über das andere Geschlecht definiert. Eine Frau geht dann gefühlt als Mann durch den Alltag, denn diesem Aspekt wäre die Vergewaltigung nicht passiert, so der Gedankengang der verletzten Psyche.

Engmaschige Betreuung unerlässlich!

Klassisch für DIS ist, dass die Patienten regelmäßig Gedächtnislücken haben, denn ein Aspekt weiß nicht, was der andere tut. So kann man sich entscheiden, einkaufen zu gehen und steht gefühlt im nächsten Moment mit den vollen Einkaufstaschen wieder zuhause. Hier hat ein anderer Aspekt den als gefährlich empfundenen Gang vor die Tür übernommen.

Eine DIS sollte immer psychologisch engmaschig betreut werden. Neben schutzbedürftigen und helfenden Anteilen kann es auch "böse" Aspekte geben, die zum Beispiel eine Mitschuld am Erlebten empfinden, Hass und Scham erleben und so zu selbstverletzendem Verhalten führen können.