Erinnerungen an Vergangenes verändern die Wahrnehmung in der Gegenwart

Von Cornelia Scherpe
2. August 2012

In vielerlei Hinsicht ist das menschliche Gehirn noch immer ein faszinierendes Rätsel, das es zu entschlüsseln gilt. Bereits bekannt ist, dass die Wahrnehmung eines jeden Menschen ganz individuell ist. Jeder sieht die Realität aus seinem Blickwinkel und wird daher immer eine andere Version sehen, als der Partner, Freunde oder Fremde. Dabei fließen verschiedene Faktoren zusammen, von denen einer nun von Forschern erklärt werden kann.

In den USA fand ein Team heraus, dass unsere aktuellen Gedanken während einer Wahrnehmung darüber entscheiden, wie wir den Gegenstand, den Ort oder das Gesicht genau wahrnehmen. Dabei ist vor allen Dingen entscheidend, ob wir in diesem Moment an etwas aus unserer Vergangenheit gedacht haben oder nicht. Haben wir an etwas Altes und damit Vertrautes gedacht, so werden wir den neuen Sachverhalt damit in Verbindung setzen. Das Gehirn wird also versuchen, Verknüpfungen herzustellen.

Bei einer Wohnungsbesichtigung denkt man beispielsweise an die Wohnungen, die man bereits kennt und vergleicht daher im Kopf die verschiedenen Plätze. Das trifft auch auf fremde Gesichter zu. Wer gerade an Eltern, Partner oder Freunde gedacht hat, wird unbewusst nach Ähnlichkeiten Ausschau halten. Verweilen die Gedanken dagegen gerade in der Gegenwart, wird das Unbekannte genau als das wahrgenommen: unbekannt. Wir prägen uns alle neuen Dinge ein und speichern sie "kommentarlos" ab.

Beide Prozesse werden in der Hirnregion des Hippocampus abgewickelt. Unsere Gedanken im Vorfeld steuern jedoch den genauen Ablauf und entscheiden daher, ob neue Erinnerungen mehr oder weniger objektiv kreiert werden oder Vergleichsarbeit samt aufkommender Gefühle betrieben wird.