Forscher entschlüsseln Singleton-Merten-Syndrom

Das Immunsystem verliert seine Orientierung und richtet sich breitflächig gegen körpereigenes Gewebe

Von Cornelia Scherpe
4. Februar 2015

Das Singleton-Mer­ten-Syndrom gehört zu den seltenen Erbkrankheiten und bricht in der frühen Kindheit aus. Betroffene leiden trotz ihres jungen Alters bereits an einer starken Verkalkung der Gefäße. Das erhöht das Risiko für schwere Herz-Kreislauf-Leiden.

Gleichzeitig beginnt sich die Knochensubstanz der Kinder abzubauen. Dies weitet sich bis auf das Knochenmark aus und führt nicht nur zu schnellen Frakturen, sondern auch zu einem Ausfallen der Zähne.

Entschlüsselung des Erbguts

Das Singleton-Mer­ten-Syndrom ist zum Glück äußerst selten, doch deutsche Forscher fanden mit einigem Aufwand und gemeinsam mit US-Kollegen insgesamt fünf Patienten. Alle stammten aus einer Familie, hatten jedoch auch gesunde Verwandte.

Dies war die ideale Ausgangslage für die Wissenschaftler. Sie analysierten das komplette Erbgut aller Betroffenen und zusätzlich das von vier gesunden Familienmitgliedern. Auf diese Weise konnten sie die DNS vergleichen und dem Singleton-Mer­ten-Syndrom auf die Spur gehen.

überaktives Immunsystem

Dies sollte ihnen gelingen, denn die Forscher wurden auf das Gen "IFIH1" aufmerksam. In diesem Gen ist der Bauplan für ein Eiweiß namens "MDA5" enthalten. Da das Gen mutiert ist, wird der Bauplan nicht richtig umgesetzt und das Eiweiß ist fehlerhaft. Das ist jedoch fatal, denn das Protein hat eine wichtige Aufgabe im Immunsystem.

Es dient den Abwehrkräften als eine Art "Sensor", um Krankheitserreger von gesundem Gewebe zu unterscheiden. Wird es nun beim Singleton-Mer­ten-Syndrom falsch gebildet, verliert das Immunsystem seine Orientierung und richtet sich breitflächig gegen körpereigenes Gewebe.

Die Forscher konnten zeigen, dass dadurch das Immunsystem überaktiv und mehr Interferon beta gebildet wird. Dieser Signalstoff scheint die Schlüsselstelle zu sein und die Antwort, warum die Immunzellen sich gegen Knochen, Zahnbein und die Blutgefäße wenden.