Häufige Depressionen bei Diabetikern
Umfeld von an Depressionen betroffenen Diabetikern sollten umsichtig mit Betroffen umgehen
"Diabetes? Damit kann man heute doch gut leben!" Diese Reaktion hören Zuckerkranke von gut informierten Gesprächspartnern nicht selten. Es ist ja auch wahr - und doch unterschlägt dieser Allgemeinplatz, dass zur Bewältigung der Krankheit auch heute noch erheblicher Aufwand, viel Wissen, alltägliche Disziplin und das Leben mit kleineren und größeren Krisen gehören, die häufiger als bei ansonsten Gesunden auch einmal aus dem Ruder laufen können.
Depressionenanzahl besonders hoch
Ein Ausdruck der tatsächlichen Belastung Zuckerkranker ist die hohe Zahl an Depressionen. Diabetiker sind davon doppelt so häufig betroffen wie andere Menschen, berichtet das Apothekenmagazin Diabetiker Ratgeber.
Privatdozent Dr. Norbert Hermanns, Leiter des Forschungsinstituts der Diabetes-Akademie Mergentheim, sieht Ursachen in der Dauerbelastung durch die chronische Krankheit verbunden mit einer Veranlagung. Untersuchungen hätten gezeigt, dass Depressionen zudem bei schlechter Blutzuckereinstellung und zusammen mit Folgeerkrankungen auftreten. Umgekehrt können Depressionen dazu führen, dass Diabetiker die Therapie vernachlässigen.
Mit Freunden sprechen
Angehörige, Freunde oder Kollegen von Diabetikern sollten nicht vergessen, welche Kraft diese aufbringen müssen, damit es ihnen so gut geht, wie es für Gesunde selbstverständlich ist.
Wenn Diabetikern die Probleme einmal über den Kopf wachsen und sie mit Depressionen reagieren, wünschen sie sich, diese nicht auch noch tapfer für sich allein austragen zu müssen. Offen darüber sprechen zu können, entlastet enorm: "Endlich konnte ich meinen seelischen Schmerzen freien Lauf lassen, ohne dass ich das Gefühl hatte, jemanden zu belasten", erzählt die 31-jährige Diabetikerin Susanne B., die an Depressionen erkrankte, als Familie und Beruf sie während eines Krankenhausaufenthaltes ihres Mannes überforderten.
Depressionen von Diabetikern können in der ganzen Bandbreite auftreten, angefangen bei vorübergehenden traurigen Verstimmungen bis hin zu tiefer Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit, Leere und Selbstmordwünschen.
Der Übergang zur Behandlungsbedürftigkeit wird dabei sowohl von den Betroffenen als auch von ihrem Umfeld häufig übersehen: "Depressionen werden nicht selten sowohl von Ärzten als auch von Angehörigen unterschätzt und als 'vorübergehendes Stimmungstief' abgetan", warnt Prof. Dr. med. Rudolf Meyerhoff, Nervenarzt und Depressionsexperte aus München.
"Allein kommt man aus dem Schlamassel nicht raus", bestätigt Anneliese R., 57, die als Diabetikerin seit 30 Jahren depressive Phasen kennt. Es liegt also nicht am Kranken allein, seinen Zustand zu erkennen und anzugehen, Familie, Freunde und Ärzte sollten ihnen mit offenen Sinnen zur Seite stehen.