Kontrollverlust: Was passiert bei Alkoholkonsum im Gehirn?

Forscher haben sogenannte "Achtsamkeitszellen" im Gehirn ausfindig gemacht, die mit Alkoholsucht in Verbindung stehen

Von Cornelia Scherpe
2. November 2015

Ein Bier mit Freunden, das Glas Rotwein mit dem Partner, oder der Verdauungsschnaps nach dem Essen ist in der Regel kein Problem. Wer Alkohol verantwortungsvoll konsumiert, der kann die Getränke genießen.

Viele Menschen verlieren aber die Kontrolle über ihr Trinkverhalten und enden nicht selten in der Sucht. Was genau dabei im Gehirn passiert, haben Forscher nun zum ersten Mal zeigen können.

Präfrontaler Kortex und Achtsamkeitszellen

Die Ursache für den Kontrollverlust liegt im präfrontalen Kortex. Hier sitzt beim Menschen die Steuerung für wichtige Verhaltensweisen. Gelenkt werden beispielsweise

  • die Motivation,
  • Emotionen und
  • die Aufmerksamkeit.

Im Versuch mit Labortieren fanden deutsche Forscher nun eine ganz bestimmte Gruppe von Zellen in dieser Region. Sie nannten sie umgangssprachlich "Achtsamkeitszellen". Was diese Zellen machen, ist sehr interessant.

Tierversuch mit deaktivierten Achtsamkeitszellen

Im Labor deaktivierten die Forscher bei den Versuchstieren die Achtsamkeitszellen. Man setzte die Tiere dann in eine bestimmte Umgebung und gab ihnen etwas Alkohol. Nach einiger Zeit kamen die Tiere erneut in dieselbe Umgebung und erhielten wieder Alkohol.

Dieses Muster prägte sich ein und führte zu einem Gewöhnungseffekt. Die Nager lernten, dass sie in dieser Umgebung mit Alkohol versorgt werden. Setzte man sie dann ohne Zugang zu Alkohol in diese Umgebung, zeigten sie ein klares Verlangen danach.

Die Gewohnheit hatte also den Wunsch nach Alkohol etabliert. Mit aktiven Achtsamkeitszellen läuft das anders.

Achtsamkeitszellen machen die Situation dem Verstand bewusst

Die Forscher schlussfolgern daher, dass die Achtsamkeitszellen gezielt gegen (oft unbewusste) Gewohnheiten angehen. Dies gelingt ihnen, indem sie die Situation dem Verstand bewusst machen und damit die Möglichkeit zu einer neuen Bewertung geben. So können unachtsame Verhaltensmuster ins Licht der Aufmerksamkeit gerückt werden und schlechte Gewohnheiten werden im Idealfall unterbrochen.

Tatsächlich haben ältere Studien bereits gezeigt, dass Menschen nach einem Hirnschaden in der Region der Achtsamkeitszellen dazu neigen, weniger Verantwortung walten zu lassen. Bei ehemaligen Alkoholikern kommt es übermäßig häufig zu einem Rückfall.