Kurzsichtigkeit bei Kindern nimmt drastisch zu - mehr Zeit im Freien könnte vorbeugen
Nach der Licht-Therorie schützt Bewegung im Tageslicht vor der verbreiteten Sehstörung
Kurzsichtigkeit nimmt dramatisch zu - vorrangig bei Stubenhockern. Gleich mehrere Studien belegen, dass immer mehr Kinder kurzsichtig werden, weil sie sich immer weniger im Freien aufhalten. Bis zum Ende des Jahrzehnts könnte bereits ein Drittel der Weltbevölkerung eine Brille brauchen, um auch in der Ferne etwas zu erkennen.
Epidemie der Kurzsichtigen
In Europa und den USA hat sich die Zahl der Kurzsichtigen in den letzten 50 Jahren verdoppelt. In China, wo vor 60 Jahren rund 20 Prozent der Bevölkerung kurzsichtig waren, leiden heute bereits 90 Prozent der jungen Menschen unter Myopie. In Südkorea ergaben militärischen Reihentests noch unglaublichere Ergebnisse: nur 3,5 Prozent der 19-jährigen Männer waren nicht betroffen.
Was passiert bei Kurzsichtigkeit?
Milde Formen der Kurzsichtigkeit lassen sich durch Brillen oder Kontaktlinsen ausgleichen. In schweren Fällen kann kann das Innere des Auges so gestreckt sein, dass ein erhöhtes Risiko besteht für
- Netzhautablösung,
- Glaukom oder
- Katarakt.
Was verursacht die Sehprobleme?
Die Ursachen für Fehlsichtigkeiten liegen zum Teil in den Genen. Die Erbanlagen bestimmen aber nicht alles, ein wesentlicher Faktor ist die Umwelt. Früher machte man das Lesen von Büchern für Sehprobleme verantwortlich. Später wurde das Buch als vermeintlicher Schuldiger durch Computer und Smartphone abgelöst. Keines davon kann den Vormarsch der Kurzsichtigkeit vollständig erklären.
Zwar fördern Tätigkeiten im Nahbereich der Augen die Entstehung von Kurzsichtigkeit, weil sie das Wachstum des Augapfels beeinflussen. Noch maßgeblicher scheint aber das Sonnenlicht zu sein: Wer sich viel an der frischen Luft bewegt, wird seltener kurzsichtig.
Das belegt jedenfalls eine australische Langzeitstudie mit 4000 Kindern. Eine Untersuchung an kalifornischen Kindern kommt zu dem gleichen Ergebnis. Und auch Tierexperimente unterstützen die Licht-Theorie.
Licht ist Schutzfaktor
Im Freien richten Kinder ihren Blick nicht nur öfter in die Ferne, Sonnenlicht fördert auch die Freisetzung von Neurotransmittern wie Dopamin, die ein Längenwachstum des Auges verhindern. Bei schwachem oder künstlichem Licht gerät in der Netzhaut der natürliche Wechsel vom Zäpfchen-Sehen (Tag) auf das Stäbchen-Sehen (Nacht) durcheinander. Auf Dauer kann der gesamte Augapfel unregelmäßig wachsen.
Um Kurzsichtigkeit vorzubeugen, sollten Kinder deshalb viel Zeit im Freien verbringen. Bereits drei Stunden bei 10.000 Lux täglich reichen aus, um die nachteiligen Effekte von Bücherlesen und Smartphone aufzuheben. Damit auch Schulkinder genug Sonnenlicht erhaschen, empfehlen Augenärzte, öfter mal eine Schulstunde draußen zu verbringen. Zumindest die große Pause sollten die Schüler auf dem Hof verbringen - am besten mit körperlicher Aktivität.
Suche nach Behandlungsmöglichkeiten
Derzeit testen Wissenschaftler außerdem, ob spezielle Kontaktlinsen oder Augentropfen mit neurotransmitter-blockierendem Atropin das Voranschreiten einer Kurzsichtigkeit bremsen können. Auch Lichtboxen, wie man sie bei Winterdepressionen verwendet, werden in ihrer Wirksamkeit bei Sehschwächen untersucht.