Macht Cannabis aggressiv?

Aggressionen und Gewaltbereitschaft statt Tagträumen - Über die gegenteilige Wirkung des Kiffens

Von Cornelia Scherpe
19. Oktober 2017

In der Vorstellung vieler Menschen sind die Konsumenten von Cannabis eher ruhig, geradezu verträumt und lächeln friedlich vor sich hin. Die häufig mit Hippies in Verbindung gebrachte Droge macht einer aktuellen Studie zufolge aber gar nicht so ruhig. Der gegenteilige Effekt trete beim Kiffen viel häufiger auf, so die Forscher. Die Konsumenten werden laut, zeigen sich aggressiv und sind viel eher zu Gewalttaten bereit.

Die Wissenschaftler untersuchten 1.136 Probanden, die in psychiatrischen Einrichtungen waren. Die Männer waren im Schnitt 30 Jahre alt und verteilten sich auf drei verschiedene Einrichtungen. Durch diese Streuung sollte vermieden werden, dass die Behandlungsschritte nur einer Betreuungsanstalt zu stark ins Gewicht fallen.

Regelmäßiges Kiffen fördert Gewaltbereitschaft

Die Teilnehmer wurden nach ihrer Entlassung über zwölf Monate hinweg regelmäßig zu ihrem Drogenkonsum und zum Thema Gewalt befragt. Es zeigte sich, dass die Anzahl an Konflikten stieg, je mehr ein Teilnehmer mit Cannabis in Kontakt kam. Wer regelmäßig kiffte, dessen Gewaltneigung war um 71 Prozent erhöht.

Überraschenderweise war Cannabis damit in diesem Punkt gefährlicher als Kokain. Konsumenten dieser Droge neigen eigentlich zu starker Impulsivität, doch es ließ sich keine gesteigerte Aggressivität verzeichnen. Bei Alkohol stieg die Gewaltbereitschaft nur dann, wenn die Betroffenen wirklich regelmäßig tranken. Ein gemäßigter Genuss zeigte keine Auswirkungen.

Schädigung des präfrontalen Cortex

Die Studie untersuchte allerdings weder Blut- noch Urinproben und verließ sich komplett auf die Aussagen der Patienten. Damit könnte das Gesamtbild durchaus verzehrt sein. Allerdings zeigten Untersuchungen im Gehirn, dass der präfrontale Cortex durch häufiges Kiffen offenbar beschädigt wird.

Da hier die Instinkte und auch die Impulskontrolle sitzen, ist eine gesteigerte Gewaltbereitschaft durchaus denkbar. Die Studie wird auch gelobt, da sie zum ersten Mal Cannabis in Zusammenhang mit Gewaltbereitschaft bringt. Das Ergebnis ist anders als erwartet und dürfte weitere Cannabis-Studien auf den Plan rufen.