Nägelkauen - woher kommt es, wie wird man es wieder los?

Aus gelegentlichem Kauen an Fingernägeln und Nagelhaut wird schnell eine lästige Gewohnheit

Von Dörte Rösler
20. März 2015

Jugendliche lieben Fingerfood. Schätzungen zufolge knabbert jeder zweite regelmäßig an seinen Nägeln oder der Haut drumherum. Wenn Eltern dem Treiben nicht mit Bittertinktur ein Ende bereiten, wächst sich die Angewohnheit meist von allein aus. Im Erwachsenenalter kaut nur noch jeder Zehnte an den Nägeln. Die Ursachen sind vielfältig, beim Abgewöhnen zeigt das Habit Reversal Training (HRT) gute Erfolge.

Vom Frustabbau zur Gewöhnung

Nägelkauen gilt gemeinhin als Charakterschwäche. Tatsächlich knabbern die meisten Betroffenen nicht aus Stress sondern aus Langeweile. Wie Studien belegen, neigen sie zum Perfektionismus und können Aufgaben nur schwer in einem gemäßigten Tempo durchführen.

Das Knibbeln und Zupfen lenkt von unangenehmen Emotionen ab und hilft dadurch beim Entspannen. Aus gelegentlichem Kauen wird dann schnell eine lästige Gewohnheit. Und die ist nur schwer wieder abzulegen.

Von Bittertinktur zur Therapie

Gegen Nägelkauen ist seit ein Kraut gewachsen. Schon seit Generationen versuchen Eltern, ihren Kindern mit Bittertinktur das Knabbern und Lecken auszutreiben. An dem grundlegenden Problem ändert das jedoch nichts. Denn allein durch den Willen lässt sich der Zwang nicht besiegen.

Heute empfehlen Psychologen deshalb, die Angewohnheit durch eine spezielle Form der Verhaltenstherapie aufzulösen. Eine wissenschaftlich empfohlene Methode ist das Habit Reversal Training, kurz HRT. Dabei machen sich die Teilnehmer zunächst bewusst, in welchen Situationen der Impuls zum Kauen entsteht. Unter Anleitung trainieren sie dann, das Nägelkauen durch eine alternative Handlung zu ersetzen.

Alternative Ersatzhandlungen

Manche machen Fingergymnastik oder ballen die Hand zur Faust, andere können den Zwang besser kontrollieren, wenn sie sich einfach auf die Hände setzen. Wer viel unter Menschen ist, kann die Bewegung der Hände auch geschickt vom Kau-Impuls abkoppeln.

Statt den Finger an die Zähne zu führen, lenkt man die Bewegung kurz vorher zum Hals oder Ohr ab. Wichtig: die Psyche am Ende durch eine kurze ruckartige Bewegung vom alten Verhaltensmuster entwöhnen.