Tics & Tourette - Verbreitet aber kaum bekannt
Interessenverband Tic & Tourette Syndrom (IVTS e.V.) berät Betroffene und deren Angehörige
Der Interessenverband Tic & Tourette Syndrom (IVTS e.V.) ist ein 2007 gegründetes gemeinnütziges Kompetenznetz, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, Menschen mit Ticstörungen und Tourette-Syndrom sowie deren Angehörigen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
Telefonische Betreuung der Angehörigen sowie im Internet
Getreu dem Motto "Nie mehr allein mit Tics" werden die Betroffenen und Angehörigen online, telefonisch oder persönlich beraten. Der IVTS hilft bei der Suche nach kompetenten und spezialisierten Ärzten und vermittelt bei Schulproblemen. Auch bei Schwierigkeiten mit Behörden oder bei rechtlichen Fragen trägt der Verein durch sein Know-how zu einer Klärung und Lösung bei.
Bei der Suche nach passenden Selbsthilfegruppen finden Betroffene und Angehörige beim IVTS ebenfalls Unterstützung und wertvolle Tipps.
Des Weiteren schafft der Verband ein Netzwerk, in dem Betroffene, Interessierte, Mediziner, Pädagogen und andere Fachleute miteinander in Dialog treten können. Auf der Website sowie bei Kongressen und Informationsveranstaltungen wird Wissen weitergegeben und es werden Erfahrungen ausgetauscht.
Ein Leben mit Tourette
Da die chronische Krankheit Tourette in der Gesellschaft noch nicht sehr bekannt ist, und Tics oft als lästige "Marotten" einer Person angesehen werden, stoßen die Betroffenen häufig auf Unverständnis und Ablehnung. Oftmals werden die Symptome auch von Ärzten nicht korrekt erkannt, weshalb es sehr lange dauern kann, bevor Menschen mit Tics oder Tourette die richtige Diagnose erhalten.
Nach einer solchen Diagnose fühlen sich die Betroffenen oft hilflos und allein gelassen und sehen sich außerdem mit der schwierigen Aufgabe konfrontiert, ihr Umfeld über die Krankheit zu informieren.
Aufklärungsarbeit
Ein weiteres Ziel des Verbandes ist es deshalb, durch Aufklärungsarbeit in der Öffentlichkeit ein größeres Wissen über Tics und Tourette zu schaffen und damit ein größeres Verständnis für die Betroffenen zu erwirken. Der IVTS steht als Ansprechpartner für Pädagogen, Schulklassen, Behörden, Ärzte und andere Interessierte zur Verfügung und führt Informationsveranstaltungen und Workshops zum Thema Tics und Tourette durch.
Die Betroffenen stehen als Menschen und nicht als Kranke im Mittelpunkt. Das Anliegen des IVTS ist es, die Lebensqualität für die Betroffenen und ihre Angehörigen zu verbessern, indem er den Betroffenen Mut macht. Diese Hilfe soll dazu beitragen, dass Betroffene ihr Leben nach eigenen Vorstellungen führen und ihr Leistungspotential voll entfalten können und dafür von ihrem Umfeld Verständnis, Anerkennung und größtmögliche Unterstützung erhalten.
Wissenschaftliche Beratung
Prof. Dr. med. Helge Topka und Dr. Matthias Niebler beantworten unter der Rubrik "Expertenrat" auf der Website des IVTS Fragen zu Ticstörungen und Tourette-Syndrom.
Zusammen mit weiteren Fachärzten und Spezialisten stehen sie dem IVTS bei seiner Arbeit mit Rat und Tat zur Seite.
Ticstörung - Was ist das?
In Deutschland sind ungefähr 5,5 Mio. Menschen von einer Ticstörung betroffen. Bei einem Großteil von ihnen sind die Tics nur gering vorhanden, sodass die Störung kaum oder gar nicht auffällt und keine Beeinträchtigung im Alltag darstellt.
Bei mehreren Hunderttausenden der Betroffenen aber ist die Lebensqualität durch die Stärke, Anzahl und Häufigkeit der Tics stark bis sehr stark eingeschränkt.
Vor allem in der Öffentlichkeit können Tics zum Hindernis werden, da sie auf andere befremdlich oder gar provozierend wirken können und Menschen mit Tics daher oft auf Ablehnung, Unverständnis oder Verärgerung stoßen.
Ticstörungen beginnen oftmals im Vorschulalter. Ungefähr 20% aller Kinder dieser Altersstufe sind von einer Ticstörung betroffen. Bei den meisten sind die Tics nur vorübergehend und dauern nicht länger als ein Jahr an.
Vom Gilles-de-la-Tourette-Syndrom - einer besonderen Form der Ticstörung - sind weltweit ca. 1,5% der Bevölkerung betroffen. Auch hier beginnt die Krankheit meistens schon im Vor- und Grundschulalter, auf jeden Fall aber vor dem 18. Lebensjahr. Jungen sind dabei drei- bis viermal häufiger betroffen als Mädchen.
Unterschiedliche Tics
Anders als oftmals angenommen, sind Tics keine simplen "Verhaltensauffälligkeiten", die durch genügend Willensstärke abgestellt werden können. Für den Betroffenen sind sie unvermeidbar, auch wenn er sie für einen gewissen Zeitraum unterdrücken kann. Man unterscheidet zwischen transienten und chronischen Tics.
Transiente und chronische Tics
Transiente (vorübergehende) Tics treten im Kindes- und Jugendalter besonders häufig auf. Als chronisch bezeichnet man Tics, die länger als ein Jahr auftreten. Chronische Tics können sich im Laufe der Entwicklung des Kindes oftmals noch verstärken.
Motorische und vokale Tics
Des Weiteren wird zwischen motorischen und vokalen Tics unterschieden. Tics wie Augenblinzeln oder Räuspern werden als einfache motorische bzw. vokale Tics eingestuft, größere Gesten oder ein Rotieren um die eigene Achse sowie das zwanghafte Aussprechen von Wörtern oder Sätzen sind komplexe motorische bzw. vokale Tics.
Gilles-de-la-Tourette-Syndrom
Das Gilles-de-la-Tourette-Syndrom ist eine spezielle Variante der Ticstörungen. Es stellt die ausgeprägteste Form einer Tic-Erkrankung dar.
In der Öffentlichkeit ist das Tourette-Syndrom oftmals nur als Krankheit bekannt, bei der die Betroffenen Schimpfwörter und/oder vulgäre Ausdrücke aussprechen. Allerdings zeigen nur wenige Betroffene diese unter dem Fachterminus "Koprolalie" zusammengefassten Symptome.
Ticstörungen im Alltag
Inwieweit eine Ticstörung den Alltag der Betroffenen beeinflusst, hängt von der Ausprägung der Tics ab. In der Regel sind Menschen mit Ticstörungen ebenso intelligent und leistungsfähig wie Menschen ohne Tics.
Es konnte sogar festgestellt werden, dass Menschen mit Ticstörung oftmals eine bessere Reaktionsfähigkeit, eine schnelle Auffassungsgabe und ein gutes Langzeitgedächtnis besitzen. Hinzu kommt, dass sie häufig ein besonderes mathematisches Verständnis haben und verbal sehr schlagfertig sind.
Ursachen einer Ticstörung oder des Tourette-Syndroms
Die Ursachen für das Entstehen einer Ticstörung oder des Tourette-Syndroms sind heutzutage immer noch unklar. Man geht davon aus, dass eine Stoffwechselstörung im Gehirn Ursache für die Erkrankung ist, aber auch andere Hypothesen werden diskutiert.
Einig ist man sich jedoch bei der Einordnung von Ticstörungen als neurologisch-psychiatrische Erkrankung.
Ticstörungen treten oftmals in Kombination mit anderen Nebenerkrankungen auf. Diese Komorbidität besteht besonders häufig zwischen Ticstörungen und ADS/ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom, meistens verbunden mit Hyperaktivität, aber auch Zwangsverhalten oder Lernschwierigkeiten können als Begleiterkrankungen auftreten.
Hinzu kommt, dass vor allem bei Menschen mit ausgeprägten Tics Ängste und Depressionen gehäuft auftreten, was unter anderem auf die Belastung durch die Krankheit und die Einschränkung der Lebensqualität zurückzuführen ist.
Behandlungsmethoden
Ebenso wie die Ursache von Ticstörungen noch nicht geklärt ist, gibt es auch noch keine Behandlung, mit der eine Heilung möglich ist.
Ticstörungen können mit Neuroleptika behandelt werden, Medikamenten, die bestimmte Rezeptoren im Gehirn blockieren. Da diese Medikamente jedoch des Öfteren starke Nebenwirkungen zur Folge haben, werden leichte Ticstörungen nur selten medikamentös behandelt.
Wird bei starken Störungen eine Behandlung mit Medikamenten in Betracht gezogen, muss immer geprüft werden, in welchem Verhältnis die Nebenwirkungen zum eigentlichen Nutzen des Medikaments stehen.