Unverblümte Worte - wenn Kinder peinliche Dinge ausplaudern

Weil Kinder ein Einfühlungsvermögen und soziale Regeln erst lernen müssen, benehmen sie sich manchmal etwas unangebracht

Von Dörte Rösler
17. August 2015

Kinder können sehr charmant sein - aber auch erschreckend direkt. Was tun, wenn der Nachwuchs im Kindergarten ausplaudert, dass Mama und Papa die Erzieherin für ein stressiges Huhn halten?

Vorbeugen kann man solchen peinlichen Situationen nicht. Wer versteht, warum Kinder manchmal so entwaffnend ehrlich sind, kann aber besser reagieren.

Soziale Regeln sind ein Lernprozess

"Ich habe gepupst!" Auf dem eigenen Sofa mag es lustig sein, wenn eine Vierjährige ihre duftende Botschaft an die Welt kommentiert, im vollbesetzten Bus ist es einfach nur peinlich. Auch Plaudereien aus dem Privatleben der Familie ("Mama hat ein ekliges Ekzem") können zu unangenehmen Situationen führen.

Kleine Kinder begreifen noch nicht, dass man über bestimmte Dinge nicht mit jedem spricht. Was gesellschaftlich akzeptiert ist und was nicht - das müssen sie erst lernen.

Ein Gefühl von Selbstscham entwickeln Kinder etwa erst ab vier Jahren. Dann verstehen sie allmählich auch die komplizierten Regeln, nach denen etwas vor bestimmten Personen okay ist, vor anderen aber nicht: über den dicken Po der Nachbarin tauscht man sich nur zu Hause aus, nicht in deren Beisein am Gartenzaun.

Mangelnde Empathiefähigkeit

Neben der sozialen Kompetenz müssen Kinder noch etwas anderes lernen: Einfühlungsvermögen. Empathie ist keine angeborene Fähigkeit, sie entwickelt sich erst im Umgang mit anderen Menschen. Kleinere Kinder können sich noch nicht in die Gefühle ihres Gegenübers hineinversetzen, darum wissen sie nicht, welche Bemerkungen verletzen können.

Eltern können diesen Lernprozess unterstützen, indem sie dem Kind ihre eigenen Gefühle offen zeigen und die kindlichen Gefühle rückspiegeln. Mit der Zeit kann das Kind dann immer besser die Gefühle seines Gegenübers erkennen und sich kompetent darauf einstellen.

Kein Redeverbot - nicht schimpfen!

Die kindliche Offenheit ist eine wichtige Eigenschaft, um zu einem sozial und emotional kompetenten Menschen heranzuwachsen. Auch wenn die Plauderphase unangenehm sein kann, sollten Eltern deswegen nicht mit ihrem Nachwuchs schimpfen oder gar ein Redeverbot erteilen. Kinder müssen über alles sprechen dürfen - nur nicht immer und überall.

Souverän reagieren

Die meisten peinlichen Situationen lassen sich mit Humor meistern. Aber was tun, wenn die Erzieherin vor einem steht und gerade hören musste, wie die Eltern sie beurteilen?

Leugnen hilft nicht, das "stressige Huhn" fordert eine Entschuldigung - am besten kombiniert mit einer Begründung, warum man sich zu einer so dummen Bemerkung hat hinreißen lassen. Etwa: "Ich bin zur Zeit im Job so überlastet, dass ich leicht überreagiere."

Studien belegen, dass selbst schlechte Begründungen die Aggression aus dem Gepräch nehmen können. Um sich selbst und das Kind vor unangenehmen Situationen zu schützen, sollten Eltern bestimmte Inhalte außerdem nicht in Hörweite ihres Sprösslings erörtern.

diese Themen können kleine Kinder noch nicht verstehen.