Kinder brauchen Freunde - wie Freundschaften die Entwicklung fördern

Freundschaft zu Gleichaltrigen ist das wichtigste Übungsfeld für soziale Kompetenz

Von Dörte Rösler
17. Juli 2015

Mit Freunden ist das Leben schöner. Bereits Kleinkinder knüpfen Kontakte zu Gleichaltrigen, um gemeinsam zu spielen und sich zu unterstützen. In freundschaftlichen Beziehungen lernen Kinder, einander zu vertrauen, andere Perspektiven einzunehmen, Konflikte zu ertragen und Lösungen zu finden. Eltern sollten sich deshalb für die Freundschaften ihrer Kinder interessieren, aber möglichst wenig eingreifen.

Vom Ich zum Wir

Ein- bis Zweijährige interessieren sich schon sehr für andere Kinder. Sie spielen aber noch mehr neben- als miteinander. Erst im Kindergartenalter sind die kognitiven Fähigkeiten so weit herangereift, dass sie mit anderen freundschaftlich interagieren können: statt nur sich selbst zu sehen, können sie zunehmend auch

  • die Bedürfnisse und Wünsche anderer wahrnehmen,
  • Interessen aushandeln und
  • sich in die Perspektive ihres Gegenübers hineinversetzen.

Diese Fähigkeiten fördern eine rasante soziale Entwicklung. Die Freundschaft mit Gleichaltrigen ist zugleich das wichtigste Übungsfeld für soziale Kompetenz. Die Kinder lernen, wie sie Kontakt zu Altersgenossen aufnehmen und zusammen etwas unternehmen. Wenn ein Kind selbständig ein anderes Kind als Freund gewonnen hat, erlebt es sich selbst als kompetent und erfolgreich.

Das gemeinsame Tun wiederum stärkt die wechselseitige Zuneigung: wenn mein Freund, dabei ist, fühle ich mich wohl. Dafür sind die Kinder bereit, ihre eigenen Wünsche zumindest zeitweise nach hinten zu stellen und mit anderen zu kooperieren, um auftretende Schwierigkeiten zu überwinden. Freundschaften machen das Kind durchsetzungsfähiger, und es fühlt sich nicht mehr allein.

Ebenso schnell wie Freundschaften geschlossen werden, ebenso spontan enden sie in diesem Alter aber auch. Besondere Gründe braucht es dafür nicht. Wenn ein Kind nicht unter dem Abbruch leidet, gibt es für Eltern also keinen Grund, sich einzumischen. Auch in den kurzfristigen Freundschaften machen Kinder wichtige Erfahrungen für das ganze Leben:

  • wie kann ich andere einschätzen,
  • mit wem komme ich gut aus,
  • mit wem nicht?

Imaginäre Freunde

Die kindliche Vorstellung steckt voller Magie. Viele Erwachsene belächeln das, dabei ist die Imagination der Schlüssel zur geistigen und emotionalen Entwicklung von Kindern. Das zeigt sich auch beim imaginären Freund, der nachts unter dem Bett die Monster verjagt oder Gefühle von Einsamkeit vertreibt.

Was Kinder mit ihren echten Spielkameraden lernen, spielen sie auch mit unsichtbaren Freunden spielerisch durch: sie nehmen verschiedene Perspektiven ein, suchen nach Lösungen für Konflikte und probieren verschiedene Alternativen. Wenn der imaginäre Begleiter nicht mehr gebraucht wird, verschwindet er ganz von allein.

Wann Eltern sich einmischen dürfen

Nicht jeder Freund oder jede Freundin ihres Kindes trifft bei Eltern auf Gegenliebe. Und manchmal werden Auseinandersetzungen zwischen den Kindern aggressiv geführt. Intervenieren sollten die Erwachsenen aber nur, wenn es zu heftig wird. Leiden sollten Kinder unter einer Freundschaft nicht. Ob ein Freund dem eigenen Kind schadet, lässt sich aber selten aus einzelnen Situationen ablesen.

Um beurteilen zu können, ob die Freundschaft das Kind wirklich stärkt und in seiner Entwicklung hilft, müssen die Eltern interessiert sein und nachfragen. Willkürliches Eingreifen oder gar ein Verbieten der Freundschaft sollte das letzte Mittel sein. Wenn die Beziehung zwischen Eltern und Kind stabil ist, können auch "schlechte" Freunde die Entwicklung des Kindes voranbringen.