Wenn Kinder ihre Angehörigen pflegen: Dauerbelastung für über 230.000 Jugendliche

Über die negative und auch positive Seite des umgekehrten klassischen Versorgungsbild einnerhalb der Familie

Von Cornelia Scherpe
26. Oktober 2016

Kinder sollten unbeschwert aufwachsen und reifen können. Dafür kümmern sich Eltern und andere Erziehungsberechtigte um die Versorgung aller Bedürfnisse und stehen mit Wissen, Rat und Trost zur Seite. Doch Krankheit und Unfall können das klassische Versorgungsbild umkehren und plötzlich sind es die Kinder, die einen Angehörigen pflegen. Was nach Einzelfällen klingt, ist in Deutschland für rund 230.000 Mädchen und Jungen der Alltag.

Dauerbelastung und Zeitaufwand

Die Stiftung "Zentrum für Qualität in der Pflege" hat in Deutschland eine repräsentative Umfrage durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass fünf Prozent der Kinder zwischen zwölf und 17 Jahren in die Pflege eines bedürftigen Familienmitgliedes stark eingebunden sind. Das wird für sie zur zeitlichen, körperlichen und seelischen Dauerbelastung.

In den Schulen wissen Lehrer und Mitschüler zwar oft von der Situation zuhause, doch das Thema wird als Tabu empfunden und die jungen Pflegenden fühlen sich noch mehr allein. Die Umfrage ging ins Detail und besah sich den Zeitaufwand für die Kinder.

  • 90 Prozent der Jungen und Mädchen musste mehrmals in der Woche für Pflegeschritte Zeit investieren.
  • Bei 33 Prozent dieser Kinder war der Einsatz sogar täglich gefragt.
  • Am häufigsten kümmerten sich die jungen Angehörigen um den Familieneinkauf. 58 Prozent übernahmen diese Botengänge und
  • 34 Prozent mussten auch die Mahlzeiten zubereiten.
  • 50 Prozent halfen außerdem bei der Freizeitgestaltung der Pflegebedürftigen.
  • Waren die Angehörigen stark eingeschränkt, traten die Kinder auch bei Dingen wie der Körperpflege (sieben Prozent) oder dem Aufstehen/Gehen (33 Prozent) in Aktion.

Vor- und Nachteile der Pflegesituation

Auf Nachfrage gaben 51 Prozent der Mädchen und Jungen an, dass die Pflegesituation für sie belastend ist. Wenig Freizeit, körperliche Anstrengung und das Fehlen von Bezugspersonen zum Reden wurde oft genannt. Die Kinder waren jedoch mehrheitlich auch der Meinung, dass die Pflegesituation etwas Gutes hat:

  • 74 Prozent gaben an, die Familie halte so stärker zusammen.
  • 93 Prozent sagten außerdem, dass sie im Grunde froh sind, aktiv ihren Angehörigen helfen zu können.